1. Einleitung
Ziel dieses Positionspapiers ist es, in den unterschiedlichen außenpolitischen Feldern des Völkerstrafrechts, des humanitären Völkerrechts, des Bereiches Flucht und Migration, sowie im Bereich Klima und Umwelt transformative Potenziale anhand des Rechts darzulegen und Deutschlands Verantwortung in einer global vernetzten Weltordnung klar zu benennen. Dies fordert der djb bereits seit 2020.[1]
Gleichberechtigung ist in der Außenpolitik keineswegs optional – gerade vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Realitäten und Krisen. Vielmehr gibt es konkrete rechtliche Verpflichtungen, eine feministische Außenpolitik umfassend zu verwirklichen. Im Folgenden werden diese rechtlichen Verpflichtungen herausgearbeitet sowie Leerstellen und weiterer Handlungsbedarf für die Bundesregierung benannt.
Konkret werden vier Bereiche beleuchtet: das Völkerstrafrecht, das humanitäre Völkerrecht, der Bereich Flucht und Migration sowie Klima und Umwelt. In allen Bereichen gibt es eine besondere Betroffenheit von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen; dieses Papier erläutert die jeweiligen rechtlichen Anknüpfungspunkte für eine feministische Außenpolitik und zeigt den konkreten Handlungsbedarf für die Bundesregierung auf. Die Auswahl der vier Bereiche kann lediglich einen kleinen Ausschnitt derjenigen Felder, in denen feministische Außenpolitik von Bedeutung ist, wiedergeben und kann damit nicht als vollständig gelten.
I. Rechtlicher Rahmen
Den (rechtlichen) Grundstein für Gleichberechtigung in der Außenpolitik begründete die im Jahr 2000 verabschiedete Agenda Frauen, Frieden und Sicherheit (Women, Peace and Security) durch die UN Sicherheitsratsresolution 1325. Diese Resolution erfolgte u.a. maßgeblich auf Anstoß der heutigen Staatspräsidentin Namibias, Netumbo Nandi-Ndaitwah, und des damaligen UN-Botschafters Bangladeschs, Anwarul Chowdhury, sowie der NGO Working Group on Women, Peace and Security.[2] Damit ist die Annahme von Gleichberechtigung in der Außenpolitik von den Vereinten Nationen vor allem eine Errungenschaft der globalen Zivilgesellschaft und politischen Akteuren des globalen Südens. Die UN-Sicherheitsratsresolution 1325 wurde seitdem stetig weiter ausgebaut. Als sogenanntes „soft law“ entfaltet sie und alle weiteren, auf ihr aufbauenden Resolutionen[3] Wirksamkeit vor allem durch Heranziehung bei der Auslegung der rechtlich bindenden Menschenrechtspakte.[4] Außerdem haben sich die UN-Mitgliedsstaaten zur Umsetzung der Ziele und Inhalte der Agenda auf nationaler Ebene verpflichtet, was insbesondere durch die Ausarbeitung nationaler Aktionspläne geschieht. Der letzte deutsche nationale Aktionsplan zur Umsetzung der Agenda galt von 2021 bis 2024.[5]
Weitere rechtliche Anknüpfungspunkte für Gleichberechtigung in der Außenpolitik sind in einer Reihe von Regelungsregimen des internationalen Rechts verankert. Sie wird gestützt von den Vorgaben der UN-Charta und der UN-Menschenrechtspakte. Hervorzuheben ist hier insbesondere die UN-Frauenrechtskonvention (Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women, „CEDAW“), die von ihren Unterzeichnerstaaten weitreichende Maßnahmen für mehr Geschlechtergerechtigkeit fordert. Zu nennen sind zudem die Istanbul-Konvention und internationale Demilitarisierungsabkommen wie der Atomwaffenverbotsvertrag (Treaty on the Prohibition of Nuclear Weapons, „TPNW“) und den Vertrag über den Waffenhandel (Arms Trade Treaty, „ATT“). Zudem gibt es gendersensible Vorgaben im humanitären Völkerrecht und im Völkerstrafrecht. Bei der Interpretation dieser bindenden völkerrechtlichen Verträge wiederum kommen die jeweiligen Empfehlungen und Bemerkungen der die Umsetzung überwachenden Ausschüsse zum Tragen.
II. Zur Diskussion um feministische Außenpolitik
Das Konzept feministischer Außenpolitik wird – wie alle neueren Ansätze in der Außenpolitik – auch kritisch diskutiert. Wie immer gibt es diejenigen, die eine Orientierung an der Gleichstellung ablehnen und damit die verfassungs- und menschenrechtlichen Grundlagen missachten. Das kann deshalb nicht tragen. Es gibt aber auch eine wichtige selbstkritische Diskussion, die dabei hilft, auch mit einer feministischen Perspektive Fehler zu vermeiden.
Zentral ist das Anliegen, auch in der Außenpolitik problematische Stereotype und Verkürzungen zu vermeiden, die konkret auf Kosten von Frauen gehen. Zugleich müssen aber auch feministische Konzepte ständig darauf überprüft werden, nicht allein durch weiße, euro-zentristische, mittelständische Perspektiven geprägt zu werden. Geschieht das, werden intersektionale – also Frauen auch aufgrund weiterer struktureller Ungleichheiten treffende – Diskriminierungen ignoriert.[6] Die Normalisierung und Naturalisierung der Position der „weißen Frau“ vernachlässigte strukturell die Zusammenhänge zu race, Klasse und Sexualität.[7] Ferner kann dann auch die Aufrechterhaltung kolonialer Machtverhältnisse beispielsweise in der Entwicklungszusammenarbeit perpetuiert werden.[8] Deshalb kann auch die Repräsentation von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen in institutionellen Entscheidungsgremien nicht als alleiniger Gradmesser für veränderte und verbesserte Verhältnisse herangezogen werden. Allein durch mehr Repräsentation werden bestehende Machtstrukturen nur bedingt verändert.[9]
Ein überzeugendes Konzept feministischer Außenpolitik muss also unterschiedliche Perspektiven mitdenken und vereinen. Es braucht ein intersektionales Verständnis von Diskriminierung.[10] Außerdem müssen geografische und geschichtliche Vorverständnisse in Frage gestellt werden. Dies bedeutet, so die postkolonialen Feministinnen Agathangelou und Turcotte, „geografische Segregationen“ kritisch zu hinterfragen. Diese würden „naturalisierte“ Mittel zur Verfestigung der Machtbedingungen, die Körper regulieren, kontrollieren und ausbeuten; räumliche Hierarchien seien implizit geschlechtsspezifisch und rassistisch.[11] Notwendig ist nach Agathangelou und Ling, die Folgen des kolonialen Erbes nicht nur für die Gegenwart, sondern auch für ihre Auswirkungen auf die Zukunft aufzuzeigen.[12] Dazu seien auch „normative Ordnungen“ grundlegend zu hinterfragen, da Machtverhältnisse durch Ungleichheitsachsen und Unterdrückung entstanden sind, auch in der internationalen Rechtsordnung.
Die feministische Perspektive hat damit großes transformatives Potenzial für Außenpolitik, wird aber, ebenso wie der menschenrechtliche Ansatz zurecht kritisch hinterfragt.[13] Im Zentrum dieser Kritik steht, dass die Konstruktion eines (liberalen) Menschenrechtsdiskurses bestimmte Annahmen über „Andere“ des Globalen Südens statuiert. Individualisierte Perspektiven auf einzelne Menschenrechtsverletzungen können dabei den Blick auf globale Verstrickungen verschleiern, wie beispielsweise die westliche Mitschuld und das koloniale Erbe an diesen Verletzungen.[14] Die feministische Perspektive differenziert das mit Blick auf ungleiche Geschlechterverhältnisse. Beide können und müssen kritisch reflektiert werden, um nicht selbst neue Ausschlüsse zu produzieren.
2. Völkerstrafrecht
Das Völkerstrafrecht erfasst schwerste Menschenrechtsverletzungen in einem Kontext systematischer oder massenhafter Gewaltanwendung, etwa Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Aggression.
Konflikte wirken sich auf Frauen, Mädchen und andere marginalisierte Gruppen regelmäßig anders aus als auf Männer. Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt (sexualised and gender-based violence – SGBV) war stets Bestandteil bewaffneter Auseinandersetzungen, blieb in der strafrechtlichen Aufarbeitung jedoch lange unbeachtet – etwa in den Nürnberger und Tokioter Prozessen, bevor sie in den Tribunalen für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda erstmals Beachtung fand.[15]
Der Begriff gender-based violence bezeichnet jede schädliche Handlung, die aufgrund gesellschaftlich zugeschriebener Geschlechterunterschiede begangen wird, in der Regel aufgrund des tatsächlichen oder angenommenen sozialen oder biologischen Geschlechts oder der sexuellen Orientierung.[16]
Die Einbeziehung von SGBV-Tatbeständen in das Völkerstrafrecht ist zentral, da Frauen und Mädchen hiervon überproportional betroffen sind. Sexualisierte Kriegsgewalt wird gezielt eingesetzt, um Gesellschaften zu destabilisieren, Frauen zu demütigen, mit Krankheiten zu infizieren oder Schwangerschaften zu erzwingen – etwa mit dem Ziel eines „Bevölkerungsaustauschs“.[17]
Die unzureichende strafrechtliche Aufarbeitung wird durch Tabuisierung, Scham und retraumatisierende Verfahren verstärkt. Hinzu kommt die fortbestehende strukturelle Ungleichbehandlung der Geschlechter, die Prävention und Ahndung von SGBV im Rahmen des Völkerstrafrechts erschwert.
I. Rechtliche Vorgaben
Der Bereich der SGBV umfasst eine weite Bandbreite von Straftaten, die zumeist Frauen und Mädchen treffen, darunter Vergewaltigung, erzwungene Nacktheit, sexuelle Sklaverei, erzwungene Schwangerschaften oder Zwangssterilisationen. Zudem ist mittlerweile anerkannt, dass entsprechende Taten auch im Rahmen eines Völkermordes oder mit genozidaler Absicht erfolgen können. Ein Durchbruch erreichte hierbei der Internationale Strafgerichtshof für Ruanda im Jahr 1998, vor dem erstmalig Vergewaltigung als ein Aspekt des Völkermords bestraft und damit die geschlechtsspezifische Komponente der Gewalt anerkannt wurde.[18]
Die Straftatbestände sind auch in das Römische Statut (Rom-Statut) des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) aufgenommen worden. Seit 2002, dem Jahr der Einrichtung des IStGH, ist geschlechtsspezifische Gewalt in allen Kernverbrechen (mit Ausnahme des Verbrechens der Aggression) mitinbegriffen. So lautet Art. 7 Abs. 1 lit. g) Rom-Statut: „Im Sinne dieses Statuts bedeutet ‘Verbrechen gegen die Menschlichkeit’ jede der folgenden Handlungen, die im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung und in Kenntnis des Angriffs begangen wird: [...] Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Nötigung zur Prostitution, erzwungene Schwangerschaft, Zwangssterilisation oder jede andere Form sexueller Gewalt von vergleichbarer Schwere” (vgl. außerdem Art. 8 Abs. 2 lit. b) xxii) Rom-Statut).
Mit Deutschlands Beitritt zum Rom-Statut im gleichen Jahr ist in Deutschland das Völkerstrafgesetzbuch („VStGB”) geschaffen worden, das weitestgehend den Straftatbeständen des Rom-Statuts entspricht. Auf der Grundlage des im VStGB verankerten Weltrechtsprinzips kann Deutschland eigene Ermittlungen zu internationalen Verbrechen durchführen und gerichtlich ahnden. Die Bundesregierung hat diesbezüglich immer betont, dass alle Verbrechen, die nach dem Rom-Statut strafbar sind, auch auf der Grundlage des VStGB und somit vor deutschen Gerichten strafrechtlich verfolgbar sein sollten.[19]
Erst in den letzten Jahren sind deutliche Fortschritte bei der Sichtbarmachung und effektiven Strafverfolgung von SGBV in Strafverfahren gemäß des VStGB in Deutschland erkennbar:
Im Januar 2022 wurde vor dem Oberlandesgericht Koblenz zum ersten Mal eine Person wegen sexualisierter Gewalt als Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf der Grundlage des VStGB verurteilt.[20] Es ging um einen Angehörigen des syrischen Geheimdienstes und um geschlechtsbezogene Gewalt, die in Haftanstalten des Regimes sowohl gegen Frauen als auch gegen Männer begangen wurde. Obwohl § 7 Abs. 1 Nr.6 VStGB in der ersten Anklageschrift nicht enthalten war, trat die Bundesanwaltschaft einem Antrag der Nebenklage nicht entgegen, diesen Tatbestand in das laufende Verfahren aufzunehmen. Bedeutsam war auch, dass die Bundesanwaltschaft im weiteren Verfahren eine juristische Auslegung des § 7 Abs. 1 Nr. 6 VStGB vertrat, die auf dessen Völkerrechtskonformität im Hinblick auf das Rom-Statut abstellte. In diesem Fall hat die Bundesrepublik Deutschland eine zentrale Pflicht ihrer feministischen Außenpolitik im Hinblick auf das Völkerstrafrecht erfüllt: Die effektive Umsetzung der geltenden rechtlichen Standards durch deren gendersensible Auslegung und die dadurch ermöglichte progressive Rechtsfortbildung durch ihre nationalen Ermittlungsbehörden, in diesem Fall die Bundesanwaltschaft, sowie durch das mit der Sache befasste Oberlandesgericht Koblenz.[21]
Einen weiteren Durchbruch gab es in Deutschland mit einer strafrechtlichen Verurteilung wegen geschlechtsbezogener Gewalt als Verfolgung aufgrund des Geschlechts gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 10 VStGB. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht war das erste Gericht weltweit, das eine Person aufgrund dieses Straftatbestandes verurteilte.[22] Auch hier kommt die Bundesrepublik Deutschland – jedenfalls teilweise[23] – seiner Pflicht nach, internationale Normen, die dem Kampf gegen geschlechtsbezogene Gewalt dienen, mit Leben zu füllen und sie umzusetzen.
II. Berücksichtigung in der Außenpolitik
Allerdings können derartige Fortschritte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sowohl in Deutschland und in Europa, aber auch weltweit, weiterhin Straflosigkeit wegen mangelnder Ermittlungen und strafrechtlicher Verfolgung und auch Strafbarkeitslücken im Hinblick auf geschlechtsbezogene, reproduktive und sexualisierte Gewalt in bewaffneten Konflikten gibt.[24] Vielfach wird diese Form der Gewalt eher individualisiert, tabuisiert und als „schwierig und kompliziert“ in der Aufarbeitung und Ermittlung, aber auch vor Gericht gebrandmarkt.[25] All dies trägt dazu bei, dass diese Form der Gewalt im Vergleich zu anderen Delikten wie Folter oder willkürliche Tötungen weniger häufig geahndet wird.
Dafür zu sorgen, dass ein Kernbestand internationaler Verbrechen strafrechtlich weltweit geahndet wird, ist erklärtes Ziel der Bundesregierung. Aus diesem Grund hat Deutschland das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs im Jahr 2002 ratifiziert und kooperiert seitdem mit dem Internationalen Strafgerichtshof.
Trotz der jahrelangen rechtspolitischen Bemühungen auf internationaler Ebene und der durchaus zu verzeichnenden Erfolge internationaler, hybrider und nationaler Gerichte muss konstatiert werden, dass in nahezu allen derzeitigen bewaffneten Konflikten geschlechtsbezogene Gewalt Kriegswaffe bleibt und systematisch genutzt wird, um Zivilbevölkerungen und gerade Frauen und andere marginalisierte Gruppen zu brechen und zu traumatisieren.
Eine feministische Außenpolitik muss vor diesem Hintergrund im Bereich des Völkerstrafrechts darauf abzielen, dass bestehende Normen angewendet werden und eine effektive Strafverfolgung stattfindet - in Deutschland sowie im Ausland und vor internationalen Gerichten. Aufgrund des Weltrechtsprinzips können deutsche Strafverfolgungsbehörden auch gegen systematische oder massenhafte Anwendung von SGBV im Ausland ermitteln.
Der djb begrüßt ausdrücklich das in der letzten, 20. Legislaturperiode verabschiedete Gesetz zur Fortentwicklung des Völkerstrafrechts, das am 3. August 2024 in Kraft getreten ist.[26] Das Gesetz hat gerade im Bereich geschlechtsspezifischer Gewalt und der Verfolgung aufgrund sexueller Orientierung große Fortschritte erzielt. Durch das Gesetz wurden die bisher bestehenden Schutzlücken zwischen dem Rom-Statut und dem VStGB im Hinblick auf geschlechtsbezogene, sexualisierte und reproduktive Gewalt weitgehend geschlossen.[27]
Der djb begrüßt auch, dass der Nationale Aktionsplan zur Agenda Frauen, Frieden und Sicherheit (2021–2024) einen seiner Schwerpunkte bei der Prävention und Verfolgung von SGBV gesetzt hatte, und sich dabei für einen überlebendenzentrierten und menschenrechtsbasierten Ansatz sowie die Stärkung von Strafverfolgung im In- und Ausland ausgesprochen hat.[28]
Im Hinblick auf das derzeitige Rom-Statut und das VStGB ist auf Folgendes hinzuweisen: Trotz der bisherigen Erfolge bei der Sichtbarmachung und strafrechtlichen Verfolgung geschlechtsbezogener, sexualisierter und reproduktiver Gewalt durch den Internationalen Strafgerichtshof, bleibt es ein kleinster gemeinsamer Nenner, auf den sich die Mitgliedstaaten bei den Verhandlungen 1998 einigen konnten.[29] Auf dem Weg hin zu wirklicher Geschlechtergerechtigkeit und effektiver Strafverfolgung geschlechtsbezogener, sexualisierter und reproduktiver Gewalt bleibt noch viel zu tun.
III. Handlungsmöglichkeiten Deutschlands
Eine echte Gleichberechtigung in der Außenpolitik muss darauf abzielen, die Reform des Rom-Statuts voranzutreiben, hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit. Dies betrifft u.a. das Verständnis von Gender im Rom-Statut, aber auch die immer noch zu restriktiv gefasste Tatbestandsalternative der erzwungenen Schwangerschaft sowie die Stärkung der Rechte von Kindern, die infolge sexualisierter Gewalt in bewaffneten Konflikten geboren werden. Letztere sind weltweit massiver Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt und erhalten bisher wenig bis keinen rechtlichen Schutz als Betroffene und Überlebende geschlechtsbezogener Gewalt.[30] Das Absichtserfordernis im Rahmen der Tatbestandsalternative der erzwungenen Schwangerschaft sollte vollständig gestrichen werden.[31]
Hinsichtlich der erfolgten Reform des VStGB ist festzuhalten: Obwohl die Neufassung des VStGB die Opferrechte erheblich ausweitet, garantiert die Neuregelung der Nebenklageberechtigung nicht, dass alle Betroffenen geschlechtsbezogener Gewalt künftig das Recht zur Nebenklage haben werden und stellt damit die begrüßenswerter Weise erweiterten prozessualen Rechte nicht für alle Betroffenen von Völkerstraftaten, darunter möglicherweise auch nicht für alle Betroffenen von geschlechtsbezogener, sexualisierter und reproduktiver Gewalt, sicher.[32]
Insgesamt lässt sich konstatieren, dass mit Blick auf Gleichberechtigung in der Außenpolitik das deutsche Außenministerium und deutsche Diplomat*innen verpflichtet sind, für eine weitere progressive Fortentwicklung des Völkerstrafrechts einzutreten. Dies bedeutet, dass sie für eine Weiterentwicklung des Rom-Statuts hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit einzutreten haben. Sie müssen aber auch wann immer möglich einfordern, dass bei gegenwärtigen und vergangenen bewaffneten Konflikten SGBV anhand der bestehenden Tatbestände effektiv ermittelt und geahndet wird. Drittens sind das Bundesministerium der Justiz und die Legislative aufgerufen, die reformierte Fassung des VStGB mittelfristig nochmals zu überarbeiten.
Der djb fordert daher:
- Die Bundesregierung sollte sich für eine progressive Reform des Rom-Statuts einsetzen im Hinblick auf geschlechtsbezogene, sexualisierte und reproduktive Gewalt;
- Die Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass Tatbestände wie geschlechtsbezogene Verfolgung verstärkt völkerstrafrechtlich ermittelt, verfolgt und geahndet werden, sowohl im Inland mit Hilfe des Weltrechtsprinzips als auch im Ausland;[33]
- Die Bundesregierung muss einen neuen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Resolution 1325 vorlegen. Dieser sollte den Schutz vor und die Beendigung von Straflosigkeit bei geschlechtsbezogener als zentralen Punkt aufnehmen und mit den bestehenden völkerstrafrechtlichen Verpflichtungen und Strafverfolgungsmechanismen verknüpfen. Zudem ist der letzte Aktionsplan anhand der aufgesetzten Indikatoren zu evaluieren;
- Die Bundesregierung soll sicherstellen, dass in andauernden bewaffneten Konflikten ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, lokale Initiativen gefördert und Wissenstransfer gewährt wird, damit vermutete Taten geschlechtsbezogener, sexualisierter und reproduktiver Gewalt zeitnah und ortsnah sowie auf gendersensible und traumainformierte Weise mit intersektionaler Perspektive gerichtsfest dokumentiert werden können;
- Die Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass in internationalen Ermittlungen von Beginn an besonderes Augenmerk auf geschlechtsbezogene, sexualisierte und reproduktive Gewalt gelegt wird, dass diese integraler Bestandteil jeglicher Ermittlungen sind und dass an den Ermittlungen beteiligte Mitarbeitende möglichst frühzeitig im traumainformierten und gendersensiblen Umgang mit Überlebenden geschult bzw. weitergebildet werden;
- In ihrer Außenpolitik muss die Bundesregierung Konfliktparteien klar kommunizieren, dass insbesondere geschlechtsbezogene, sexualisierte und reproduktive Gewalt Völkerrechtsverbrechen darstellen und strafrechtlich verfolgt werden. Auch ranghohe Personen können für diese Verbrechen belangt werden.
3. Humanitäres Völkerrecht
Das (klassische) humanitäre Völkerrecht legt die Regeln für Kriege und bewaffnete Konflikte fest. Es schützt Personen, die nicht oder nicht mehr an den Kämpfen teilnehmen – etwa Zivilist*innen, Verwundete oder Kriegsgefangene – und beschränkt die Mittel und Methoden der Kriegsführung. Ziel ist es, menschliches Leid in bewaffneten Konflikten zu begrenzen.
Bestehende Ungleichheiten und ihre Folgen werden durch Kriege und bewaffnete Konflikte verstärkt beziehungsweise verschlimmert, gerade auch Geschlechterungleichheiten.[34] Insbesondere die Begehung sexualisierter Gewalt als Kriegswaffe, sowie Tötung, Folter und Sklaverei auf Grundlage der geschlechtlichen Zugehörigkeit ist – auch in Post-Konflikt-Situationen – groß.[35] Entsprechend müssen im Hinblick auf die weiterhin existierenden gravierenden Ungleichheiten und Diskriminierungserfahrungen besondere Schutzmaßnahmen in Bezug auf marginalisierte Gruppen im bewaffneten Konflikt getroffen werden. Gleichberechtigung im humanitären Völkerrecht ist daher im Hinblick darauf unabdingbar, dass Kinder, Frauen und andere marginalisierte Gruppen besonders von den Auswirkungen bewaffneter Konflikte betroffen sind.[36]
Frauen und andere marginalisierte Gruppen sind insbesondere durch den Einsatz von Kriegs- und Kleinwaffen in Konflikten betroffen. Alle Arten konventioneller Waffen, die über den internationalen Waffenhandel verbreitet werden, können zur Begehung oder Erleichterung von geschlechtsspezifischer Gewalt eingesetzt werden.[37] Deutschland tritt als fünftgrößtes Exportland von Waffen weltweit auf.[38] Nach Regionen wurden von 2019-2023 39 % der Exporte in den Mittleren Osten, 28 % nach Asien und Ozeanien und 25 % nach Europa exportiert.[39] Dabei können diese auch in bewaffneten Konflikten eingesetzt werden, in denen es zu Verletzungen des humanitären Völkerrechts kommt oder zumindest die Gefahr solcher Verletzungen droht.[40] So ist Deutschland beispielsweise der größte Zulieferer von Kriegswaffen an Ägypten; von 2019–2023 versorgte die Bundesrepublik den Staat mit 27 % seines Waffenimports. Gleichzeitig ist Ägypten militärisch im Sudan vertreten und hat seine militärischen Kapazitäten angesichts von Streitigkeiten mit seinen Nachbarstaaten über hoheitliche Ansprüche in Bezug auf den Nil oder das Mittelmeer erhöht.[41]
I. Rechtliche Vorgaben
Das humanitäre Völkerrecht enthält mehrere Schutzvorschriften gegen geschlechtsspezifische Gewalt in bewaffneten Konflikten, zu deren Einhaltung Deutschland als Vertragsstaat verpflichtet ist.
Artikel 27 der 4. Genfer Konvention schützt Frauen „vor jedem Angriff auf ihre Ehre und namentlich vor Vergewaltigung, Nötigung zur gewerbsmäßigen Unzucht und jeder unzüchtigen Handlung“.[42] Vergleichbare Regelungen finden sich in Art. 4 Abs. 2 lit. e) des 2. Zusatzprotokolls und Art. 75 Abs. 2 lit. b) des 1. Zusatzprotokolls. Aus den Antidiskriminierungsklauseln der Genfer Konventionen ergibt sich zudem ein allgemeiner Schutz marginalisierter Gruppen.
Diese Normen bieten jedoch keinen umfassenden Schutz vor sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt. Art. 27 der 4. Genfer Konvention ist zu eng gefasst und beschränkt sich auf Vergewaltigung und Zwangsprostitution.[43] Andere Formen wie Zwangsnacktheit, Genitalverstümmelung, Zwangsehen oder -abtreibungen werden nicht ausdrücklich erfasst.[44] Auch LGBTQIA+-Personen sind in bewaffneten Konflikten besonderen Gefahren ausgesetzt, werden aber nur mittelbar durch Generalklauseln geschützt.[45]
Problematisch ist zudem der Fokus auf „Ehre“ und „Würde“ statt auf den physischen und psychischen Schaden der Betroffenen.[46] Der Schutz wird häufig auf Frauen in ihrer Rolle als (werdende) Mütter begrenzt,[47] während strukturelle Diskriminierung und geschlechtsspezifische Risiken weitgehend unberücksichtigt bleiben.[48] Das humanitäre Völkerrecht verfolgt somit weiterhin einen „sex-based“ statt eines „gender-based“ Ansatzes und schließt trans sowie nicht-binäre Personen aus.[49]
Die Antidiskriminierungsklauseln der Genfer Konventionen können schließlich dahingehend kritisiert werden, dass sie zwar den Schutz von Frauen im Sinne einer geschlechtlichen Gruppenzugehörigkeit mitumfassen würden, jedoch die systematische Ungleichbehandlung und das damit einhergehende spezifische Schutzbedürfnis von Frauen ausblenden.[50]
Auch im Bereich der Rüstungsexportkontrolle bestehen völkerrechtliche Verpflichtungen zur Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Gewaltfolgen (Art. 7 Abs. 4 ATT; Gemeinsamer Standpunkt 2008/944/GASP). § 6 Abs. 3 KrWaffKontrG verweist auf mögliche Verstöße gegen völkerrechtliche Verpflichtungen, ohne geschlechtsspezifische Risiken ausdrücklich zu nennen. Die „Politischen Grundsätze der Bundesregierung“ konkretisieren menschenrechtliche Aspekte, sind jedoch rechtlich nicht bindend und lassen weite Ermessensspielräume.
Schließlich ist auch die gerichtliche Überprüfbarkeit von Rüstungsexportgenehmigungen unzureichend: Klagen Betroffener scheitern regelmäßig am fehlenden Rechtsschutzinteresse und an der fehlenden Antragsbefugnis. Dadurch bleibt die Umsetzung der völkerrechtlichen Verpflichtungen unvollständig und eine Rechtsschutzlücke bestehen.[51]
Zugleich ist Deutschland hinsichtlich der Überprüfung von Waffenexporten völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP und Artikel 7 Abs. 4 ATT unterworfen, wonach Waffenexporte unter anderem auch spezifisch auf ihre Nutzung zur Begehung oder Erleichterung geschlechtsspezifischer Gewalt und „schwerwiegende[r] gewalttätige[r] Handlungen gegen Frauen und Kinder“ hin zu kontrollieren sind beziehungsweise dies bei der Kontrolle zu berücksichtigen sei.[52] Vor diesem Hintergrund trifft Deutschland eine besondere Verpflichtung, Rüstungsexporte zu prüfen und Genehmigungen dann zu versagen, wenn diese unter Verletzung des Völkerrechts[53], insbesondere des humanitären Völkerrechts, eingesetzt werden.[54]
Auch die gerichtliche Überprüfbarkeit der Einhaltung dieser rechtlichen Standards in der Rüstungsexportkontrolle ist aktuell noch unzureichend. Gegen zukünftige Genehmigungen gerichtete Beschwerden scheiterten am Fehlen eines qualifizierten Rechtsschutzinteresses, aufgrund der fehlenden Bestimmtheit des gerügten Verwaltungshandelns.[55] Gleichzeitig scheiterte aber auch das Auskunftsersuchen in Bezug auf die Genehmigung von Waffenlieferungen durch von diesen Waffenlieferungen potenziell Betroffene, erst jüngst ebenfalls an der fehlenden Antragsbefugnis vor dem OVG Berlin.[56] Insbesondere wurde hier festgestellt: „Derartige Entscheidungen der Bundesregierung gehören zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung.“.[57]Entsprechend wird auch eine drittschützende Wirkung der Rüstungsexportkontrolle verneint.[58] Auch über Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG wird eine Antragsbefugnis nicht angenommen, denn hierfür müssten die „Einschätzungsspielräume willkürlich überschritten“ oder eine Überprüfung unterblieben sein mit der Konsequenz, dass es dadurch mit „hinreichender Wahrscheinlichkeit zu (völker-)-rechtswidrigen Verletzungen von Leib und Leben“ komme.[59] Ohne Auskunft über zu laufende Genehmigungsverfahren können Beschwerden erst dann erhoben werden, wenn die gegebenenfalls rechtswidrige Genehmigung bereits erteilt wurde, sodass hier eine Rechtsschutzlücke besteht.
II. Berücksichtigung in der Außenpolitik
Neben der Durchsetzung der Vorschriften des humanitären Völkerrechts ist auch die Prävention des bewaffneten Konfliktes in den Blick zu nehmen. Erst durch einen Mangel an Konfliktprävention werden marginalisierte Gruppen, unter anderem Frauen, den für sie besonderen Gefahren des bewaffneten Konflikts ausgesetzt.[60] Gerade in der Konfliktprävention müssen daher die Belange von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen berücksichtigt und ihre Partizipation sichergestellt werden.
So gingen Friedensbewegungen historisch häufig von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen aus, etwa die Haager Frauenfriedenskonferenz von 1915.[61] Die Notwendigkeit der gleichberechtigten Beteiligung von Frauen bei gleichzeitiger Unterrepräsentation schuf die Grundlage für die Resolution 1325 „Women, Peace and Security“.[62] Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund von größter Relevanz, dass die Gleichstellung aller Geschlechter notwendige Voraussetzung für eine friedliche Gesellschaft ist, wie auch die einschlägige Forschung belegt.[63] So braucht es zur Friedenssicherung und zum Schutz von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen Post-Konflikt auch effektive Vereinbarungen in Friedensvereinbarungen, die dem Schutz und der Gleichstellung von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen dienen.[64] Solche Vereinbarungen werden durch eine Beteiligung der Betroffenengruppen wahrscheinlicher. Aber auch die grundsätzliche Einhaltung der Friedensvereinbarung, also die Nachhaltigkeit dieser, wird durch die Beteiligung von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen erhöht.[65]
Schließlich muss auch der UN-Sicherheitsrat geschlechtersensibilisiert werden. Er ist für die Lösung von Konflikten auf Ebene der Vereinten Nationen hauptsächlich verantwortlich. Dafür stehen ihm verschiedene Befugnisse zur Verfügung, normiert in Kapitel VI und VII der UN-Charta. Unter anderem kann der Sicherheitsrat Friedensverhandlungen einfordern, Sanktionen beschließen oder Friedensmissionen einsetzen. Um Frauen und andere marginalisierte Gruppen vor geschlechtsspezifischen Auswirkungen des Konfliktes zu schützen, müssen entsprechende Gegenmaßnahmen jedoch Teil von Friedensvereinbarungen sowie der operativen Tätigkeit der Friedensmissionen sein.[66]
III. Handlungsmöglichkeiten Deutschlands
Die Bundesregierung muss im Rahmen der Außenpolitik auf eine Beteiligung von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen auf allen Entscheidungsebenen der Konfliktprävention, -management und -lösung hinwirken[67] und beispielsweise im Rahmen deutscher Beteiligung an UN-Friedensmissionen selbst umsetzen. Bei UN-Feldoperationen, in denen militärische Beobachter*innen, zivile Sicherheitskräfte und Personal im Bereich der Menschenrechte und humanitären Hilfe eingesetzt werden, ist Geschlechtersensibilität von besonderer Bedeutung. Diese Einsatzbeteiligten haben besonderen Einfluss auf die Konfliktprävention und Friedenserhaltung, indem sie die Belange von marginalisierten Personen in ihrer operativen Tätigkeit berücksichtigen und entsprechende Maßnahmen ergreifen können.[68] Aktuell fällt diese Beteiligung eher gering aus.[69]
Sollte Deutschland erneut in den Sicherheitsrat gewählt werden, sollte es sich für eine stärkere Umsetzung der Resolution 1325 in Konflikt- und Post-Konfliktsituationen einsetzen.[70]
Daneben sollte sich Deutschland aber auch für den Entwurf eines Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen einsetzen, welches stärker die Rechte von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen im bewaffneten Konflikt schützt.
Im Rahmen der Rüstungsexportkontrolle muss die Bundesregierung Artikel 7 Abs. 4 ATT endlich vollständig umsetzen.[71] Das ist nur der Fall, wenn die Ausfuhr von Waffen in Fällen gesetzlich verboten wird, in denen sie dazu verwendet werden sollen, geschlechtsspezifische Gewalt oder schwerwiegende gewalttätige Handlungen gegen Frauen und Kinder auszuüben oder zu erleichtern. Eine entsprechende Risikoüberprüfung muss ebenfalls normiert werden. Bis zur Verabschiedung einer gesetzlichen Regelung muss mindestens eine strenge Einhaltung der politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern beachtet werden und diese vor dem Hintergrund der Resolution 1325 gendersensibel überarbeitet werden.
Daher fordert der djb:
- Deutschland muss ein Gesetz zur einheitlichen Regelung der Rüstungsausfuhrkontrolle verabschieden, das den Export von Kriegs- und Kleinwaffen in Drittstaaten, in denen Menschenrechte verletzt werden, ausdrücklich untersagt und effektive Rechtsschutzmöglichkeiten vorsieht;
- Das Gesetz muss explizit die Ausfuhr von Rüstungsgütern verbieten, die dazu verwendet werden, schwerwiegende Handlungen geschlechtsspezifischer Gewalt oder schwerwiegende gewalttätige Handlungen gegen Frauen und Kinder vorzunehmen oder zu erleichtern und eine dahingehende Risikoüberprüfung vorzuschreiben.
- Die Bundesregierung muss stets auf eine konsequente Umsetzung der völkerrechtlichen Vorgaben aus dem Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP und Artikel 7 Abs. 4 ATT in Bezug auf die Auswirkungen von Rüstungsexporten auf Frauen und andere marginalisierte Gruppen sowie der Einhaltung von humanitärem Völkerrecht und menschenrechtlichen Gewährleistungen im Allgemeinen im jeweiligen Empfängerland von Waffenexporten hinwirken.
- Die Bundesregierung sollte auf die Verankerung eines umfassenderen Schutzes vor geschlechtsspezifischer Gewalt in bewaffneten Konflikten durch das humanitäre Völkerrecht hinwirken u.a. durch den Einsatz für ein neues Zusatzprotokoll zu den Genfer Konventionen, welches stärker die Rechte von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen im bewaffneten Konflikt schützt.
- Im Zuge dessen sollte die Bundesregierung im Umgang mit Konfliktparteien stets auf die konsequente Umsetzung der bestehenden geschlechtersensiblen Regelungen im humanitären Völkerrecht hinwirken.
- Die Bundesregierung sollte sich stets für die konsequente Umsetzung der UN-Resolution 1325 in internationalen Gremien sowie in Friedensprozessen einsetzen.
- Zur konsequenten Umsetzung der Verpflichtungen der Agenda Frauen, Frieden und Sicherheit der UN-Resolution 1325 in Deutschland sowie in ihrem außenpolitischen Handeln muss die Bundesregierung einen neuen Nationalen Aktionsplan vorlegen. Dieser muss konkrete Maßnahmen zur Herstellung von mehr Geschlechtergerechtigkeit im Zuge der Konfliktaufarbeitung und -prävention vorsehen, die über Fragen der Repräsentation hinausgehen. Zudem ist der letzte Aktionsplan anhand der aufgesetzten Indikatoren zu evaluieren.
4. Flucht und Migration
Besondere Bedürfnisse und Vulnerabilitäten von Frauen und Angehörigen anderer marginalisierten Gruppen ergeben sich in nahezu allen „Phasen“ von Flucht und Migration. Dies beginnt bereits bei der Möglichkeit zur Flucht. Frauen und andere marginalisierte Gruppen haben aufgrund fehlender Ressourcen oder Rechte häufig größere Schwierigkeiten, reguläre Migrationswege in Anspruch zu nehmen. Sie bleiben daher entweder vor Ort oder müssen auf unsichere, irreguläre Migrationsrouten ausweichen.[72]
Während der Flucht haben speziell Frauen[73] ein höheres Risiko, bei der Überquerung von Grenzen umzukommen.[74]Dies gilt insbesondere für schwangere Personen, die vermehrt bei dem Versuch der Überquerung von Seegrenzen ertrinken.[75]Zudem sind Frauen auf der Flucht häufig dem Risiko sexualisierter und geschlechtsbasierter Gewalt und Ausbeutung ausgesetzt.[76] So wird geschätzt, dass eine von fünf geflüchteten Frauen von sexualisierter Gewalt betroffen ist.[77] Dies wird durch die zunehmende Abschottung von Grenzen verstärkt.[78] Ferner kann sich aufgrund der veränderten Macht- und Geschlechterverhältnisse innerhalb einer Familie oder Beziehung während der Migration das Risiko häuslicher Gewalt erhöhen.[79]
Diese Vulnerabilität setzt sich in den Erstaufnahmeeinrichtungen, Lagern und Hafteinrichtungen an den Grenzen fort.[80]Sie sind häufig überfüllt, sodass häufig keine geschlechtergetrennte Unterbringung möglich ist. Auch kann zumeist kein ausreichender Zugang zu (reproduktiver) Gesundheitsversorgung und psychologischer Betreuung gewährleistet werden. Problematisch ist ebenfalls der Zugang zu Beschwerdemöglichkeiten und Gerichten nach Vorfällen sexualisierter Gewalt.
Auch nach der Ankunft in einem Staat können Frauen und Angehörige anderer marginalisierter Gruppen weiterhin besonders gefährdet sein. Das ist insbesondere der Fall, wenn sie gar keinen oder keinen eigenständigen Aufenthaltsstatus haben. So ist beispielsweise die Vergabe von Aufenthaltstiteln im Falle des Familiennachzugs in der Regel abhängig von dem Bestehen der Ehe mit dem*der primär Aufenthaltsberechtigten. Dies kann im Falle häuslicher Gewalt zu Problemen führen, da sich Betroffene aus Angst vor Verlust ihres abgeleiteten Aufenthaltsstatus nicht von ihrer*ihrem Partner*in trennen und/oder Hilfe suchen. Zusätzlich werden Menschen ohne Aufenthaltstitel aus Angst vor Abschiebung häufig faktisch von grundlegender Versorgung in ihrem Aufenthaltsstaat ausgeschlossen. Vielfach kritisiertes Beispiel ist hier die in § 87 AufenthG vorgeschriebene Meldepflicht für öffentliche Stellen, wodurch die Gesundheitsversorgung von schwangeren, nicht-binären und trans Personen in Deutschland nicht ausreichend gewährleistet wird.[81]
I. Rechtliche Vorgaben
Ausgangspunkt für den Schutz von Geflüchteten bietet die Genfer Flüchtlingskonvention[82] (GFK). Danach verpflichten sich Konventionsstaaten, Flüchtlingen im Sinne der Konvention einen rechtlichen Status sowie bestimmte Rechte zuzuerkennen. Dies gilt jedoch nur, wenn eine Person alle Voraussetzungen der Flüchtlingsdefinition der Konvention erfüllt. Danach findet der Ausdruck „Flüchtling“ auf jede Person Anwendung, die
„(…) aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will (…).“[83]
Obgleich die Flüchtlingsdefinition in ihrem Wortlaut damit keine geschlechtsbezogenen Aspekte berücksichtigt, ist mittlerweile anerkannt, dass solche in der Auslegung der einzelnen Elemente der Definition zu berücksichtigen sind.[84]Dies wird durch den mittlerweile vorherrschenden menschenrechtsbasierten Ansatz in der Auslegung der Genfer Flüchtlingskonvention verstärkt.[85] Damit umfasst der Begriff der Verfolgungshandlung nun auch Vergewaltigungen, geschlechtsbezogene Gewalt, Menschenhandel, Genitalbeschneidung, Zwangsheirat und häusliche Gewalt. Frauen werden zudem im Rahmen des Verfolgungsgrunds als „bestimmte soziale Gruppe“ anerkannt.[86] Dies ist sowohl in der europäischen Qualifikationsrichtlinie als auch im deutschen Asylgesetz grundsätzlich festgeschrieben.[87]
Gleichwohl werden in der Auslegung der Flüchtlingsdefinition bisher vor allem die Erfahrungen von Frauen berücksichtigt.[88] Die Erfahrungen von queeren Personen, insbesondere auch trans Personen, finden bisher hingegen wenig Beachtung. Auch die zusätzliche Berücksichtigung weiterer Diskriminierungsmerkmale, also eine intersektionale Betrachtungsweise, findet selten statt.[89]Es besteht zudem die Gefahr, dass Frauen und Angehörige anderer marginalisierter Gruppen zur erfolgreichen Anerkennung als Flüchtlinge aktiv eine Opferrolle einnehmen müssen, und sich diese Zuschreibung damit verfestigt.[90]
Flankiert werden die flüchtlingsrechtlichen Vorgaben von denen der Menschenrechte. So müssen Staaten die Menschenrechte all jener Personen, die sich auf ihrem Staatsgebiet oder unter ihrer Hoheitsgewalt befinden, respektieren und schützen. Insbesondere verbieten zahlreiche Menschenrechtsverträge eine Zurückweisung oder Rückführung von Personen in einen Staat, in dem dieser Person die Gefahr der Verfolgung, der Folter, erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder anderer schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen droht (Prinzip des non-refoulement).[91]
Die Auslegung und Anwendung der GFK obliegen im Wesentlichen den Gerichten und Behörden der Konventionsstaaten. Daher hat die EU im Rahmen ihres Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) in der Qualifikationsrichtlinie sowie ihrer Nachfolgerin, der Anerkennungsverordnung,[92] weitergehende Vorgaben zur Auslegung der einzelnen Merkmale der Flüchtlingsdefinition gemacht, um eine einheitliche Auslegung innerhalb der Union zu gewährleisten. Darüber hinaus führt die Qualifikationsrichtlinie den sogenannten subsidiären Schutz ein, der dann gewährt wird, wenn eine Person die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Flüchtling im Sinne der GFK nicht erfüllt, aber
„stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland (…) tatsächlich Gefahr liefe, einen ernsthaften Schaden [etwa in Form der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, der Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder einer ernsthaften individuellen Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts] zu erleiden“.[93]
Diese Vorgaben wurden in deutsches Recht umgesetzt (§§ 3, 4, 60 Abs. 5 und 7 AsylG). Zusätzlich ergibt sich aus Art. 16a GG das Grundrecht auf Asyl, welches jedoch in der Praxis lediglich eine untergeordnete Rolle spielt.[94]
Besondere Vorgaben zum Schutz von Frauen ergeben sich aus CEDAW sowie dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention). Die Istanbul-Konvention enthält drei spezielle Vorschriften zum Schutz von Frauen im Kontext von Migration und Asyl, die den (eigenständigen) Aufenthaltsstatus von Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt, Asylanträge aufgrund des Geschlechts sowie dem Schutz vor Zurückweisung betreffen.[95] Wie sich bereits aus den Erläuterungen zu der Konvention ergibt, wurden die Bestimmungen so erarbeitet, dass sie im Einklang mit den geltenden völkerrechtlichen Vorgaben stehen und sollen weniger als Erweiterung des darunter bereits zu gewährleistenden Schutzes, sondern vielmehr eine Ergänzung um eine „praktische Dimension“ verstanden werden.[96] Der Europäische Gerichtshof zieht in der Auslegung der Qualifikationsrichtlinie mittlerweile die Istanbul-Konvention, der die EU im Juni 2023 beigetreten ist, sowie auch CEDAW heran.[97]
Zuletzt wird die Geschlechtersensibilität als eines der Leitprinzipien in dem (rechtlich nicht verbindlichen) Globalen Pakt über eine sichere, geordnete und reguläre Migration[98] anerkannt und findet außerdem Berücksichtigung in dem (ebenfalls nicht rechtsverbindlichen) Globalen Flüchtlingspakt[99].
II. Berücksichtigung in der Außenpolitik
Obgleich der Schutz von Frauen im Kontext von Flucht und Migration eine große Rolle spielt, bleibt dieser Themenbereich in den 2023 vom Auswärtigen Amt herausgegebenen Leitlinien zur Gleichberechtigung in der Außenpolitik überraschend abwesend.[100]Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) stellte unter der vorherigen Regierung einige Projekte vor, die es im Zusammenhang von Migration und Gender unternimmt.[101] Dies umfasst überwiegend allgemeine Hinweise auf die Zusammenarbeit mit anderen Staaten und internationalen Organisationen, beispielsweise im Rahmen der Globalen Pakte für Migration und Flüchtlinge. Konkret wird hier ein Projekt im Niger beschrieben, im Rahmen dessen Migrantinnen Informationen über die Möglichkeiten einer sicheren, geordneten und regulären Migration erhalten. Deutschland setze sich ferner auf internationaler Ebene dafür ein, „Normen und Standards zum Schutz und zur Förderung der Rechte von Migrantinnen zu erarbeiten und weiterzuentwickeln“. Zudem ist der gleichberechtigte Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen und bedarfsorientierter Unterstützung im Kontext von Migration und Flucht Teil des aktuellen entwicklungspolitischen Aktionsplans zur Gleichstellung der Geschlechter.[102]
Nach den USA war Deutschland im Jahr 2024 finanziell der zweitgrößte Unterstützerstaat des UNHCR und gibt der Organisation dabei erhebliche Freiheiten in der Verwendung der Mittel. Der UNHCR stellt fest, dass dadurch Initiativen zur Prävention und Bekämpfung sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt erst möglich geworden seien.[103] Gleichwohl ist seit 2022 ein Rückgang der absoluten Unterstützungsleistungen Deutschlands zu verzeichnen.[104] Insbesondere vor dem Hintergrund des Rückzugs der USA ist es umso dringlicher, dass Deutschland die Arbeit des UNHCR weiterhin verlässlich absichert, da Kürzungen bei den Hilfszahlungen unmittelbare Auswirkungen auf Projekte zur Unterstützung geflüchteter Frauen haben.[105]
III. Handlungsmöglichkeiten Deutschlands
Handlungsmöglichkeiten Deutschlands ergeben sich in allen Phasen der Flucht. Dies beginnt bei der Bekämpfung von Flucht- und Migrationstreibern, sei es im Bereich des Klimawandels, beispielsweise in Form der Unterstützung und Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen, oder der internationalen Zusammenarbeit.[106]
Der Schutz von Geflüchteten und Migrant*innen muss aber insbesondere auch in Deutschland und Europa verwirklicht werden. Erste Schritte dazu sind die Einhaltung der europa- und völkerrechtlichen Verpflichtungen:
So kritisiert das unabhängige Expert*innengremium zur Überwachung der Umsetzung der Istanbul-Konvention die mangelhafte Umsetzung der Konvention auch im Hinblick auf die für Flucht und Migration relevanten Vorschriften.[107] Das Gremium empfiehlt unter anderem Änderungen im Einwanderungsrecht, die Einführung bundesweiter Leitlinien für die Durchführung von Asylverfahren mit einem Fokus auf Opfer geschlechtsbasierter Gewalt sowie umfangreiche Schulungen des im Asylverfahren beteiligten Personals.
Auch der CEDAW-Ausschuss hat in seinen Empfehlungen an Deutschland zwei konkrete Punkte im Kontext von Asyl und Migration kritisiert: So empfiehlt er einerseits Änderungen im Einwanderungsrecht um „den Zugang zu Opferhilfsdiensten und Schutz in Fällen von geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Migrantinnen und Mädchen, insbesondere in einer Situation mit ungeregeltem Aufenthaltsstatus“ sicherzustellen und andererseits die Abschaffung oder Änderung von § 87 AufenthG, um sicherzustellen, „dass Migrantinnen ohne bzw. mit ungeklärter Aufenthaltserlaubnis Zugang zu den für nicht dringende Gesundheitsdienste erforderlichen Unterlagen haben, ohne Gefahr zu laufen, den Behörden gemeldet und anschließend abgeschoben zu werden“.[108]
Ferner empfahl auch der Ausschuss der Vertragsparteien der Istanbul-Konvention Deutschland sicherzustellen, dass
„allen asylsuchenden Frauen und Mädchen eine angemessene und sichere Unterbringung geboten wird, unter anderem durch die Prüfung auf Gefährdungen und die Umsetzung von Standardprotokollen zur Prävention von und zum Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt in den Aufnahmeeinrichtungen, und dass sie Zugang zu spezialisierten Unterstützungsdiensten und zur Beratung bei Erfahrungen mit geschlechtsspezifischer Gewalt erhalten.“[109]
Zu einer angemessenen und sicheren Unterbringung gehört insbesondere die separate Unterbringung von alleinreisenden Frauen oder Frauen mit Kindern mit Zugang zu sanitären Anlagen und der Bereitstellung von Hygieneprodukten.[110]Zudem sollte eine Inhaftierung von schwangeren und stillenden Frauen grundsätzlich vermieden werden.[111]
Von den Empfehlungen dieser Gremien ausgehend fordert der djb daher konkret zunächst die (der Klarstellung dienenden) Verankerung der von der Istanbul-Konvention geforderten und völker- und europarechtlich etablierten Anerkennung schwerer Formen geschlechtsspezifischer Gewalt als Form der Verfolgung auch im deutschen Asylgesetz.[112] Darüber hinaus sollte der Gewaltschutz von Frauen und Angehöriger anderer marginalisierter Gruppen im Aufenthaltsgesetz verbessert werden.[113] Dazu gehört auch die Abschaffung des § 87 AufenthG.[114] Ferner muss insgesamt die Situation geflüchteter Menschen, insbesondere von Frauen und Angehörigen anderer marginalisierter Gruppen in Deutschland, verbessert werden. Dazu gehört die Sicherstellung der Existenzsicherung sowie der Zugang zu ausreichender Gesundheitsversorgung, inklusive psychotherapeutischer Versorgung.[115]
Die Grundsätze über eine angemessene und sichere Unterbringung müssen nicht nur in Aufnahmeeinrichtungen in Deutschland umgesetzt werden, sondern die Bundesrepublik muss auch darauf hinwirken, dass diese Vorgaben in den Asylzentren zur Durchführung der mit der GEAS-Reform beschlossenen Grenzverfahren an den Europäischen Außengrenzen tatsächlich eingehalten werden.[116]Zusätzlich muss sich Deutschland allgemein für die Einhaltung menschenrechtlicher Vorgaben an den europäischen Außengrenzen, wie auch an den deutschen Binnengrenzen, einsetzen. Dazu gehört auch die Vermeidung von sogenannten Pushbacks und die effektive Gewährleistung des Rechts auf das Stellen eines Asylantrags und den Schutz vor refoulement.
Die Bundesrepublik sollte ebenfalls darauf hinwirken, dass der Schutz von Frauen und Mädchen im Rahmen des Abschlusses von Abkommen mit sogenannten sicheren Drittstaaten angemessen berücksichtigt wird.[117] Im Rahmen eines solchen Abkommens zwischen Kanada und den USA hatte der kanadische Oberste Gerichtshof bereits kritisiert, da Asylanträge auf Grundlage von geschlechtsbasierter Gewalt eine deutlich geringere Erfolgschance in den USA als in Kanada hätten.[118] Obgleich Art. 38 der Asylverfahrensrichtlinie[119] eine Überführung in einen sicheren Drittstaat grundsätzlich erlaubt, muss dennoch dabei sichergestellt werden, dass der Person dort keine Gefahr droht, die sie zum Schutz in der EU berechtigen oder das Gebot des non-refoulement verletzen würde. Auch in Erwägungsgrund 32 der Richtlinie wird hervorgehoben, dass der Komplexität geschlechtsspezifisch begründeter Ansprüche in Verfahren zur Bestimmung eines sicheren Dritt- oder Herkunftsstaats angemessen Rechnung getragen werden sollte.
Zuletzt sollte Deutschland den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten sicherstellen, anstatt ihn auszusetzen.[120] Die aktuelle Praxis trifft insbesondere Kinder, Frauen und Angehörige weiterer marginalisierter Gruppen und verstößt gegen völker- und verfassungsrechtliche Verpflichtungen, darunter das Recht auf Familienleben nach Art. 8 EMRK. Anstelle weiterer Beschränkungen sollten bestehende legale Zugangswege gestärkt, Verfahren beschleunigt und humanitäre Härtefallregelungen verlässlich angewendet werden.
Der djb fordert daher:
- die effektive Bekämpfung von Flucht- und Migrationstreibern, sei es im Bereich des Klimawandels oder der internationalen Zusammenarbeit;
- die von der Istanbul-Konvention geforderte und völker- und europarechtlich etablierte Anerkennung schwerer Formen geschlechtsspezifischer Gewalt als Form der Verfolgung im deutschen Asylgesetz;
- die Verbesserung des Gewaltschutzes von Frauen und Angehöriger anderer marginalisierter Gruppen im Aufenthaltsgesetz, insbesondere die Streichung des § 87 AufenthG;
- die Verbesserung der Situation geflüchteter Menschen, insbesondere von Frauen und Angehörigen anderer marginalisierter Gruppen in Deutschland, durch die Sicherung der menschenwürdigen Existenz sowie den Zugang zu ausreichender Gesundheitsversorgung, inklusive psychotherapeutischer Versorgung;
- den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten sicherzustellen, anstatt ihn auszusetzen.
Außerdem fordert djb die Bundesregierung dazu auf,
- dass Deutschland auf angemessene und sichere Unterbringung in den Asylzentren zur Durchführung der mit der GEAS-Reform beschlossenen Grenzverfahren an den Europäischen Außengrenzen hinwirkt;
- dass Deutschland sich für die Einhaltung menschenrechtlicher Vorgaben an den europäischen Außengrenzen wie auch an den deutschen Binnengrenzen einsetzt, insbesondere zur Vermeidung von sogenannten Pushbacks, die effektive Gewährleistung des Rechts auf das Stellen eines Asylantrags und den Schutz vor Refoulement;
- dass Deutschland auf den Schutz von Frauen und Mädchen im Rahmen des Abschlusses von Abkommen mit sogenannten sicheren Drittstaaten hinwirkt.
5. Klima- und Umweltrecht
Weltweit sind Frauen und andere marginalisierte Gruppen von den Folgen des Klimawandels besonders betroffen. Die besondere Belastung ergibt sich zunächst daraus, dass die globale Klimakrise aufgrund diverser, in der Gesellschaft tief verwurzelter diskriminierender Strukturen geschlechtsspezifische Wirkungen hat.[121]
So trifft etwa die klimabedingte Ressourcenverknappung Frauen und andere marginalisierte Gruppen überproportional, da sie häufig finanziell ärmer als Männer und daher von natürlichen Ressourcen abhängiger sind, sowie primär für die Versorgung der Familie mit Lebensmitteln, Wasser und/oder Brennholz verantwortlich sind.[122] Durch abnehmende Verfügbarkeit müssen Frauen häufig längere Wege auf sich nehmen,was mehr Zeit kostet[123] und oftmals mit einem erhöhten Risiko verbunden ist, (sexualisierter) Gewalt oder Übergriffen ausgesetzt zu sein[124]. Bei Extremwetterereignissen wie etwa Hochwasser, Hurricanes oder Hitzewellen sterben regelmäßig deutlich mehr Frauen oder Angehörige anderer marginalisierter Gruppen als Männer[125], beispielsweise aufgrund von geringeren Mobilitätsmöglichkeiten sowie aufgrund erhöhter (zugeschriebener) Verantwortung für versorgungs- und hilfsbedürftige Personen im Katastrophenfall[126]. Darüber hinaus belegen diverse Studien, dass Frauen infolge des Klimawandels höheren Gesundheitsrisiken und einem höheren Sterberisiko als Männer ausgesetzt sind.[127]
Gleichzeitig sind Frauen und andere marginalisierte Gruppen für einen erfolgreichen Kampf gegen den Klimawandel besonders wichtig (women as agents of change). Sie sind nicht nur für die Hälfte der weltweiten Nahrungsmittelproduktion verantwortlich, sondern verfügen oft über traditionelles Wissen, welches einen Beitrag von unschätzbarem Wert für Anpassungs- und Bekämpfungsstrategien liefern kann.[128] Eine Verbesserung der Stellung von Frauen (beispielsweise durch verbesserten Zugang zu Ressourcen wie Landrechten, Krediten oder Technologien) könnte die landwirtschaftliche Produktion sogar noch steigern und die Abholzung von Bäumen für Ackerland - eine der Hauptursachen des Klimawandels - verringern.[129] Weltweit sind Frauen im Kampf gegen den Klimawandel und klimaschädliches Verhalten maßgeblich beteiligt.[130] Sie führen globale und nationale Klimabewegungen an und spielen als Verbraucherinnen, Arbeitnehmerinnen und Politikerinnen eine Schlüsselrolle bei der Förderung des Wandels.[131]
I. Rechtliche Vorgaben
Dass das Thema „Gender und Klima” als relevanter Zusammenhang erkannt und berücksichtigt wird, ist eine neuere Entwicklung. So wurde dieser Aspekt weder in der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) noch im Kyoto-Protokoll thematisiert. Zunächst ging es vor allem darum, Frauen stärker in den Gremien der Klimakonventionen zu beteiligen.[132] Seit 2012 ist das Thema „Gender und Klima" dauerhaft als Tagesordnungspunkt bei den Konferenzen der Vertragsstaaten etabliert.[133]
Inzwischen bekräftigt das Pariser Klimaabkommen[134] in seiner Präambel die Bedeutung der Geschlechtergleichstellung und die Stärkung der Rolle der Frauen bei klimarelevanten Politiken und Maßnahmen. Auch das Abkommen geht darauf ein, etwa wenn Art. 7(5) und 11(2) besagen, dass geschlechtergerechte Ansätze bei Maßnahmen, sowie Beteiligung und Geschlechtergerechtigkeit beim Kapazitätsaufbau (capacity-building) berücksichtigen werden sollen. Das Pariser Klimaabkommen ist völkerrechtlich für alle Vertragsparteien bindend. Das Ziel der Geschlechtergerechtigkeit ist zudem Ziel 5 der Nachhaltigen Entwicklungsziele des UN Development Programms.
Auf völkerrechtlicher Ebene bestätigte jüngst auch der Internationale Gerichtshof (IGH), das oberste Rechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen, dass Staaten - also auch Deutschland - völkerrechtlich verpflichtet sind, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um den Klimawandel einzudämmen.[135] Dabei stellt der Gerichtshof entscheidend auch auf die etablierte klimabezogene Spruchpraxis der UN-Vertragsorgane ab und betont die Bedeutung des Schutzes der Rechte insbesondere von Frauen, Kindern und Indigenen. Der IGH verweist explizit auf die Notwendigkeit, Geschlechtergerechtigkeit (Gender equality) und die Stärkung der Rolle der Frau (Empowerment of women) zu gewährleisten und geht insbesondere auch auf die Pflicht zu internationaler Zusammenarbeit ein.
Angesichts der besonderen Betroffenheit von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen im Kontext des Klimawandels besteht eine spezifische menschenrechtliche Schutzpflicht der Staaten. Die in internationalen Menschenrechtsverträgen verbürgten Menschenrechte gelten auch in Bezug auf durch den Klimawandel bedingte Gefahren.[136] In Ermangelung eines Rechts auf eine gesunde Umwelt[137] werden vermehrt etablierte Menschenrechte – wie etwa das Recht auf Leben oder Gesundheit – auch im Kontext des Klimawandels angewendet (sog. Greening of Human Rights).[138] Zu den dabei maßgeblichen völkerrechtlichen Verträgen aus deutscher Perspektive gehören die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie die UN-Menschenrechtsverträge.[139]
Einen Vertragsstaat der EMRK kann die Pflicht treffen, dabei insbesondere Frauen vor den Folgen des Klimawandels zu schützen. Das, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in dem Fall Verein KlimaSeniorinnen Schweiz gegen die Schweiz im Frühjahr 2024 entschieden.[140] Der Gerichtshof hat die besondere Gefährdungslage, die die Klägerinnen aufgrund ihres Alters und der mit den Klimafolgen verbundenen Gesundheitsrisiken trifft, bestätigt und die entsprechende Schutzpflicht des Staates an das Recht auf die Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK geknüpft. Das Gericht stellt hierbei unter Bezugnahme auf den Sonderbericht des Weltklimarates (IPCC) von 2018 unter anderem fest, dass insbesondere ältere Frauen, aber auch Frauen generell überproportional von den Folgen des Klimawandels betroffen sind.[141] Das Urteil des EGMR gilt zwar nur inter partes, ist aber für künftige Fälle richtungsweisend und sollte den anderen Vertragsstaaten - und somit auch der Bundesregierung - als Orientierung für ihr eigenes aktuelles und künftiges Handeln dienen.[142]
Bei den UN-Menschenrechtsverträgen haben mittlerweile vier der insgesamt neun UN-Ausschüsse eine fundierte Praxis in Bezug auf den Klimawandel etabliert.[143] Insbesondere der Frauenrechtsausschuss (CEDAW-Ausschuss) fokussiert die besondere Betroffenheit von Frauen. Als erster Ausschuss hat er 2018 mit der Allgemeinen Empfehlung Nr. 37 dezidiert auf die Herstellung von Gleichberechtigung und Geschlechtergerechtigkeit in Bezug auf den Klimawandel abgezielt.[144] Rechtliche Grundlage für die staatlichen Pflichten zum spezifischen Schutz der Frauen vor den Auswirkungen des Klimawandels sind die grundlegenden konventionsrechtlichen Prinzipien des Diskriminierungsverbots, der Teilhabe und des Empowerments sowie der Verantwortlichkeit und des Zugangs zur Justiz (gemäß Art. 2, 3, 24 CEDAW).[145]
Ob die Bundesrepublik Deutschland auch verfassungsrechtlich verpflichtet ist, Schutzpflichten gegenüber im Ausland lebenden Menschen zu ergreifen und seine Außenpolitik dementsprechend zu gestalten, ist bisher nicht abschließend geklärt. Das BVerfG hält eine solche Verpflichtung in seinem „Klimabeschluss” grundsätzlich für denkbar; sie hätte nur einen anderen Inhalt als die im Inland geltende Pflicht.[146]
II. Berücksichtigung in der Außenpolitik
Wenn auch aus unterschiedlichen Menschenrechten abgeleitet, so zeichnet sich doch eine eindeutige inhaltliche Ausgestaltung der staatlichen Pflichten im Kontext des Klimawandels ab: Die (betroffenen) Vertragsstaaten haben entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die insbesondere auch frauenspezifische Gefährdungen und Vulnerabilitäten in den Blick nehmen und diesen durch geeignete Maßnahmen zu begegnen.[147] Es wird deutlich, dass dies hinsichtlich jeder klimabezogenen Schutzpflicht gilt und die geschlechtsspezifischen Auswirkungen der Klimakrise stets zu berücksichtigen sind. Insgesamt sind die Staaten aufgrund der Menschenrechtsverträge nicht nur zur Ergreifung von Maßnahmen verpflichtet, die ihre Bevölkerung vor den bereits eintretenden Folgen - wie etwa dem Meeresspiegelanstieg - schützen (Anpassungs- oder Adaptationsmaßnahmen), sondern darüber hinaus auch angehalten, die Ursachen des Klimawandels durch geeignete Reduktionsmaßnahmen (Mitigationsmaßnahmen) - insbesondere die Verringerung des Treibhausgasausstoßes - zu bekämpfen. Besonders insistiert wird jeweils darauf, die betroffenen Frauen(-gruppen) zu beteiligen und bei der Erarbeitung von Plänen und Strategien jeweils geschlechtsspezifische Risiken und Anfälligkeiten konsequent bewusst und explizit in den Blick zu nehmen.[148]
Die Notwendigkeit geschlechtsspezifischer Reaktionen auf den Klimawandel und die Bedeutung von Frauen wird noch in weiteren (nicht bindenden) Abkommen anerkannt und ein entsprechendes Handeln der Staaten gefordert. Häufig wird bei der Konkretisierung der staatlichen Pflichten von den Vertragsorganen (Treaty Bodies) darauf Bezug genommen.[149] Während bereits früher erkannt wurde, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen die Auswirkungen des Klimawandels am stärksten spüren (werden),[150] wurde mit dem Lima Work Programme on Gender (Lima-Arbeitsprogramm) bei der COP20 (2014) erstmals ein konkretes und umfassendes Programm in diesem Bereich verabschiedet.[151] Hierin wird zum ersten Mal im UNFCCC-Prozess festgestellt, dass die Berücksichtigung von Geschlechteraspekten bei allen relevanten Aktivitäten im Rahmen der Konvention notwendig ist.[152] Außerdem wird anerkannt, dass gendergerechte Maßnahmen die Wirksamkeit der Klimapolitik erheblich verbessern können.[153] Ziel des zweijährigen Arbeitsprogramm war es, Geschlechtergleichstellung zu fördern und Geschlechteraspekte in die Arbeit der Vertragsparteien und des Sekretariats bei der Umsetzung zu integrieren.[154]
Im Rahmen des Lima-Arbeitsprogramms wurde dann bei der COP23 (2017) der erste Gender Action Plan (Gender-Aktionsplan) ins Leben gerufen (bei der COP25 (2019) folgte der zweite Gender-Aktionsplan). Demnach sollen Frauen auf allen Ebenen gleichberechtigt in die Entwicklung von Klimapolitik und die Gestaltung geschlechtsspezifischer Maßnahmen eingebunden und repräsentiert werden.[155]
Ein weiteres maßgebliches Übereinkommen in diesem Bereich ist der Glasgower Klimapakt[156] und das damit zusammenhängende Glasgow Work Programme on Action for Climate Empowerment (Glasgower Arbeitsprogramm)[157]. Sowohl in der Präambel als auch im Text des Glasgower Klimapaktes werden die Bedeutung von Geschlechtergleichstellung und Empowerment von Frauen sowie die gender-responsiveness von zu ergreifenden Maßnahmen betont. Das Glasgower Arbeitsprogramm soll die Umsetzung der Action on Climate Empowerment (Aktion zur Stärkung des Klimas, ACE) fördern, welche darauf abzielt, alle Mitglieder der Gesellschaft – einschließlich Frauen – zu befähigen, sich durch Bildung, Sensibilisierung der Öffentlichkeit oder Beteiligung der Öffentlichkeit am Klimaschutz zu beteiligen.[158]
Neben der UNFCCC wird auch in anderen Abkommen und Foren auf die besondere Betroffenheit (und gleichzeitig die besondere Rolle) von Frauen im Kontext des Klimawandels aufmerksam gemacht und entsprechende Empfehlungen abgegeben. Dazu gehören etwa die UN-Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung[159] und die UN-Kommission zur Rechtsstellung der Frau[160].
III. Handlungsmöglichkeiten Deutschlands
Vertragsstaaten des globalen Nordens – wie auch Deutschland –, die selbst bislang von den Folgen des Klimawandels (noch) weniger stark betroffen sind als andere Staaten, haben die völkerrechtliche Pflicht zu internationaler Zusammenarbeit auch zum Klimaschutz und müssen schon heute besonders betroffene Staaten (vor allem kleine Inselstaaten und Staaten des globalen Südens) bei der Ergreifung von (eher weniger Mitigations- als vor allem) Klimaanpassungsmaßnahmen unterstützen.[161] Die Pflicht umfasst finanzielle und technische Unterstützung sowie Beratung und Unterrichtung, insbesondere auch zu klimawandelbedingten Verlusten und Schäden.[162]
Werden bei Mitigationsmaßnahmen spezifische Risiken für Frauen und andere marginalisierte Gruppen mit berücksichtigt, kann zugleich der Benachteiligung betroffener Personen entgegengewirkt werden.[163]Hier kann und muss Deutschland, aufgrund der menschenrechtlichen Schutzpflichten, auf die Berücksichtigung der besonderen Gefährdung von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen auch in anderen Staaten hinwirken.[164] Um die Notwendigkeit geschlechtergerecht und damit auch geschlechtsspezifisch ausgestalteter Klimamaßnahmen in den Fokus zu rücken, bieten sich insbesondere die jährlich stattfindenden COPs an. Die stetige Berücksichtigung feministischer Perspektiven ermöglicht es, dies auch bei Änderungen und Erweiterungen von Programmen sowie dem Verhandeln internationaler Verträge konsequent mitzudenken. Auch angesichts aktueller Entwicklungen, wie etwa dem erneuten Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen, ist es nun umso wichtiger, dass sich Deutschland bei den internationalen Verhandlungen für eine fortschrittliche und damit auch geschlechtergerechte Klimapolitik einsetzt. Dabei helfen konkretere, also insbesondere messbare Indikatoren in internationalen Abkommen und eigenen außen- und innenpolitischen Projekten. Auch durch erweiterte Monitoringsysteme könnten etwaige Fortschritte besser überprüft werden.
Konkret bedeutet dies für die Gleichberechtigung in der Außenpolitik:
- Die Bundesrepublik Deutschland muss sich auf nationaler und internationaler Ebene dafür einsetzen, dass die Vulnerabilität von Frauen im Kontext der Klimakrise konsequent mitgedacht wird, sowohl bei Anpassungs- als auch bei Mitigationsmaßnahmen.
- Die Bundesregierung sollte sich für geschlechtergerechte Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels insbesondere bei der anstehenden Weltklimakonferenz COP30 in Brasilien sowie bei internationalen Verhandlungen zur weiteren Gestaltung und effektiver Umsetzung der Klimapolitik einsetzen. In der Diskussion um die internationale Klimafinanzierung oder auch im Rahmen des Einsatzes der Bundesregierung für eine soziale und gerechte Energiewende gilt es, Genderaspekte zu berücksichtigen.
- Auf nationaler Ebene muss sich die Bundesregierung für eine geschlechtergerechte Klimapolitik einsetzen, um ihrer menschenrechtlichen staatlichen Schutzpflicht nachzukommen, etwa bei der Umsetzung des Klimaschutzplans 2050.
[15] Prosecutor v. Akayesu (ICTR, 2018), ICTR-96-4-T;Prosecutor v. Furundžija (ICTY, 1998),ICTY-95-17/1;Steinl, Leonie (2018): Of Rhetoric and Reality: The Nobel Peace Prize and Conflict-Related Sexualized Violence, Verfassungsblog, 10.12.2018, https://verfassungsblog.de/of-rhetoric-and-reality-the-nobel-peace-prize-and-conflict-related-sexualized-violence/ (zuletzt abgerufen am 10.07.2025). ORIGINAL URTEILE SUCHEN