Offener Brief: 21-21


Koalitionsverhandlungen: Bestehende Vielfalt von Umgangsmodellen erhalten!

Offener Brief vom

an die SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die FDP

 

In einem offenen Brief fordern 14 Verbände, darunter der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb), die an den Koalitionsverhandlungen beteiligten Parteien auf, die bestehende Vielfalt von Umgangsmodellen für Trennungsfamilien zu erhalten.

 

Sehr geehrte verhandelnde Damen und Herren,

anlässlich der laufenden Koalitionsverhandlungen fordern die unterzeichnenden Verbände, die bestehende Vielfalt von Umgangsmodellen für Trennungsfamilien zu erhalten.

Im Sondierungs-Ergebnispapier haben sich die Ampel-Parteien unter der Überschrift „Gleichstellung und Vielfalt“ vorgenommen, auch das Familienrecht „der gesellschaftlichen Realität“ anzupassen. Die FDP-Forderung, das Wechselmodell als gesetzlichen Regelfall für alle Kinder getrennter Eltern festzuschreiben, würde allerdings das genaue Gegenteil bedeuten:

Ein Wechselmodell als gesetzlicher Regelfall wird nicht allen Trennungskindern gerecht. Es verhindert, dass im Einzelfall die jeweils beste Lösung für das Kind gesucht werden muss. Wenn Eltern sich nicht auf eine Aufteilung der Betreuung einigen, können sie sich an Familien- und Erziehungsberatungsstellen wenden oder jeweils einen Antrag an das Familiengericht stellen. Das Gericht klärt dann individuell, welche Lösung die jeweils beste für das Kind ist. Mit dem Wechselmodell als gesetzlichem Regelfall könnte das Gericht aber lediglich davon abweichen, wenn das Wechselmodell dem Kindeswohl widerspricht. In Zweifelsfällen wäre das Wechselmodell anzuordnen. Damit wäre die individuelle Rechtsposition des Kindes im Falle eines Elternkonflikts deutlich gegenüber der jetzigen Regelung geschwächt.

Im Wechselmodell betreuen beide Eltern das Kind nahezu zu gleichen Teilen, das Kind wechselt zwischen den Haushalten der Eltern. Zurzeit praktizieren etwa 4 Prozent der Trennungsfamilien ein paritätisches Wechselmodell, weitere 5 Prozent erweiterten Umfang mit Anteilen zwischen 30/70. Das Wechselmodell ist sehr anspruchsvoll, setzt es doch eine gute Kommunikation und Kooperation der Eltern voraus, Wohnortnähe und finanzielle Ressourcen etc. Als gesetzliches Regelmodell für alle Familien eignet es sich deshalb nicht, denn die Voraussetzungen hierfür lassen sich gerade nicht gesetzlich herbeiführen.

Statt um ein Verordnen sollte es um ein Ermöglichen gehen. Dies gilt vor allem für Trennungsfamilien mit k(l)einen Einkommen. Um ein Kind in beiden Haushalten angemessen versorgen zu können, müssen höhere Kosten abgesichert werden. Hierfür ist im SGB II ein Umgangsmehrbedarf überfällig, durch den der zweite Elternteil Mittel hat, um das Kind während des Umgangs zu versorgen. Beim hauptbetreuenden Elternteil tageweise zu kürzen geht zu Lasten des Kindes, da Fixkosten nicht tageweise eingespart werden.

Wir würden uns freuen, wenn Sie unsere für die Kinder getrennter Eltern wichtigen Überlegungen bedenken und berücksichtigen!

Mit freundlichen Grüßen

Daniela Jaspers
Bundesvorsitzende Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV)

Hildegard Eckert
Bundesvorsitzende Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V.
Federführender Verband der Arbeitsgemeinschaft Interessenvertretung Alleinerziehender (AGIA)

Dr. Beate von Miquel
Vorsitzende Deutscher Frauenrat e.V.

Prof’in Dr. Maria Wersig
Präsidentin Deutscher Juristinnenbund e.V.

Holger Hofmann
Bundesgeschäftsführer Deutsches Kinderhilfswerk e.V

Heinz Hilgers Präsident
Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V.

Prof’in Dr. Sabine Walper
Präsidentin Deutsche Liga für das Kind in Familie und Gesellschaft e.V.

Maria Loheide
Vorstand Sozialpolitik Diakonie Deutschland

PD Dr. Martin Bujard
Präsident evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V.

Ulrich Hoffmann
Präsident Familienbund der Katholiken (Bundesverband) e.V.

Sybille Möller
Vorstandsvorsitzende MIA - Mütterinitiative für Alleinerziehende e.V. i.G.

Birgit Uhlworm
Bundesvorstandsvorsitzende Selbsthilfeinitiativen Alleinerziehender e. V.

Sidonie Fernau
Vorsitzender Vorstand Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.

Britta Altenkamp, MdL
Vorsitzende Zukunftsforum Familie e.V