Stellungnahme: 14-14


zum Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV)

Stellungnahme vom

Der Deutsche Juristinnenbund (djb) bedankt sich für die Gelegenheit, zu dem oben bezeichneten Referentenentwurf Stellung nehmen zu können. Die nunmehrige Anpassung des Sexualstrafrechts an internationale Vorgaben ist aus Sicht des djb sehr zu begrüßen.

Der Referentenentwurf setzt die Lanzarote-Konvention[1], die Istanbul-Konvention[2] und die Richtlinie 2011/93/EU[3] in innerstaatliches Recht um. Die Einschätzung des BMJV, das deutsche Recht entspreche bereits im Wesentlichen den genannten internationalen Regelungen, wird vom djb insbesondere zur Istanbul-Konvention nicht geteilt.

Zwar zeigt der Referentenentwurf die Umsetzungslücken korrekt auf. Auch sind die über die internationalen Vorgaben hinaus gehenden Regelungsvorschläge wie die Erleichterung der Verfolgung von im Ausland begangenen Genitalverstümmelungen, die Änderung der verjährungsrechtlichen Vorschriften und eine Ausweitung der Strafbarkeit in Zusammenhang mit Kinderpornographie im Grundsatz zu begrüßen. Die geplanten Änderungen des § 174 Abs. 1 StGB und § 182 Abs 3 StGB greifen aber zu kurz.

Der djb regt eine grundlegende Reform der Sexualdelikte an, wie bereits in dem Grundsatzpapier (djb-Stellungnahme 14-07 v. 12. Mai 2014) ausführlich begründet, um den Vorgaben in der Istanbul-Konvention, insbesondere in Art. 36, zu genügen (dazu unten I.).

Die vorgesehene Änderung zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Schutz am eigenen Bild) ist mit Blick auf das Internet und soziale Netzwerke als zukunftsweisende, gelungene Anpassung zu begrüßen (dazu unten II.).
 

I.

Die Vertragsparteien der Istanbul-Konvention haben sich in Art. 36 der Konvention verpflichtet sicherzustellen, dass vorsätzliches nichteinverständliches, sexuell bestimmtes vaginales, anales oder orales Eindringen in den Körper einer anderen Person mit einem Körperteil oder Gegenstand sowie sonstige vorsätzliche nichteinverständliche, sexuell bestimmte Handlungen mit einer anderen Person unter Strafe stehen. § 177 StGB, der die Strafbarkeit der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung regelt, erfüllt diese Vorgaben nicht. Dies gilt auch für die Tatbestandsalternative § 177 Abs. 1 Ziff. 3, das Ausnutzen einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist. Auf die diesbezügliche ausführliche djb-Stellungnahme 14-07 v. 12. Mai 2014 wird Bezug genommen.
 

1. Zur Notwendigkeit einer großen Sexualstrafrechtsreform

Der Referentenentwurf lässt bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention die auch erforderliche Änderung des § 177 StGB unberücksichtigt. Die Novellierung des Tatbestands der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung sollte mit einer grundlegenden Reform des Sexualstrafrechts einhergehen.

Der 13. Abschnitt des StGB besteht aus einer wenig systematischen Aneinanderreihung von Tatbeständen, bedingt durch zahlreiche Anpassungen und Änderungen. Dies hat dazu geführt, dass für die Bürgerinnen und Bürger die Gesamtsystematik und das im Einzelnen unter Strafe gestellte Verhalten nicht mehr klar erkennbar sind.

Beispielhaft sei die nicht stringente Strafbarkeit bei den Kinder- und Jugendschutzvorschriften erwähnt. So steht nicht unter Strafe, wenn ein 30-Jähriger mit einer 15-Jährigen sexuell verkehrt, weil § 182 StGB lediglich in denjenigen Fällen greift, in denen eine Zwangslage oder die fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung ausgenutzt wird. Der 30-Jährige macht sich aber strafbar, wenn er der 15-Jährigen Sex mit ihrem 17-jährigen Freund ermöglicht (§ 180 Abs. 1 StGB) oder gemeinsam mit der 15-Jährigen einen pornografischen Film anschaut, den er selbst besorgt hat (§ 184 Abs. 1 Nr. 1). Straflos hingegen bleibt er, wenn die 15-Jährige den Film mitgebracht hat, er diesen also nicht "anbietet, überlässt oder zugänglich macht" (s. BGH 4 str 503/13).

Auch bei den Strafrahmen bestehen große Unterschiede für im Unrechtsgehalt ähnliche Taten: Der Strafrahmen für sexuelle Handlungen mit unter 16-Jährigen unter Ausnutzung von deren fehlender Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung ist mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bemessen (§ 182 Abs. 3). Sexuelle Handlungen mit unter 16-Jährigen in einem Abhängigkeitsverhältnis werden hingegen mit Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren belegt (§ 174 Abs. 1). Beischlaf oder sonstige mit dem Eindringen in den Körper verbundene Taten sind bei sexuellem Missbrauch von Jugendlichen und von Schutzbefohlenen sowie in Abhängigkeitsverhältnissen nicht mit einem höheren Strafrahmen versehen, obwohl diese erschwerenden Tatumstände auch in solchen Situationen, in denen ein strukturelles Machtgefälle herrscht, einen erhöhten Unrechtsgehalt begründen.

Die im Sinne der Istanbul-Konvention erforderliche Änderung des § 177 bietet die Chance, den 13. Abschnitt des Strafgesetzbuchs aus einem Guss neu zu formulieren.

Die grundsätzliche Strafbarkeit sexueller Handlungen ohne Einverständnis der anderen Person bildet den Grundtatbestand, über den die Definition auch anderer Sexualdelikte möglich ist.

Taten zum Nachteil von Geschädigten unter 14 Jahren unterfallen automatisch dem Grundtatbestand, weil sie entsprechend der Begriffsbestimmung in Art. 2 b der Richtlinie 2011/93/EU noch nicht sexuell mündig sind und kein rechtswirksames Einverständnis zu einer sexuellen Handlung geben können. Damit bedarf es keiner eigenen Regelung für die Strafbarkeit sexueller Handlungen zum Nachteil von Kindern – bis auf Handlungen ohne Körperkontakt, die nur bei Kindern strafbar sein sollen.

Gleiches gilt für den Personenkreis, der von § 179 StGB umfasst ist. Das die Strafbarkeit ausschließende Einverständnis kann auch nicht von einer Person erteilt werden, die sich in einer Zwangslage befindet, weil es dann an der Freiheit der Willensbildung fehlt, die für ein wirksames Einverständnis erforderlich ist.

Die Möglichkeit eines wirksamen Einverständnisses sollte auch unter Umständen bei unter 18-Jährigen, beispielsweise im Verhältnis zu ihren Eltern, sowie bei manchen Erwachsenen, etwa im Rahmen einer gerichtlichen Unterbringung gegenüber dem Personal der Einrichtung, grundsätzlich ausgeschlossen sein, so dass in diesen Fallgruppen ebenso wie bei Personen unter 14 Jahren nicht im Einzelfall geprüft werden muss, ob das Einverständnis wirksam ist.
 

2. Diskussionsentwurf für eine große Reform des Sexualstrafrechts

In dem Bewusstsein, dass die hiermit vorgeschlagene Neufassung dezidierter Prüfung und Auseinandersetzung auch zu verschiedenen Fallgruppen bedarf, die umfassend auf allen Ebenen diskutiert werden sollte, schlägt der djb vor, die geltenden §§ 174 bis 180 und 182 bis 183 a StGB wie folgt zu ersetzen:

 

§ 174 n.F. Sexuelle Misshandlung

Abs. 1

Wer ohne Einverständnis einer anderen Person
a) sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder an sich von der Person vornehmen lässt oder
b) diese Person zur Vornahme oder Duldung einer sexuellen Handlung an oder mit einem Dritten bestimmt,
wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

Abs. 2

Der Versuch ist strafbar.

§ 175 Unwirksamkeit des Einverständnisses

Abs. 1

Das Einverständnis kann nur durch die Person selbst erteilt werden; es ist unwirksam, wenn es nicht auf freier Willensbildung beruht.

Abs. 2

Das Einverständnis einer Person unter 14 Jahren mit sexuellen Handlungen i.S.d. § 174 ist unwirksam.

Abs. 3

Das Einverständnis  einer Person unter 16 Jahren mit sexuellen Handlungen i.S.d. § 174 ist unwirksam, wenn die Person gegenüber dem über 21 Jahre alten Täter oder der über 21 Jahre alten Täterin nur eine eingeschränkte Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung hat. In diesem Fall wird die Tat nur auf Antrag verfolgt.

Abs. 4

Das Einverständnis einer Person unter 18 Jahren mit sexuellen Handlungen i.S.d. § 174 ist unwirksam gegenüber

  1. ihren Sorgeberechtigten, Eltern, Großeltern, Adoptiv- oder Pflegeeltern sowie deren Ehe-, Lebens- oder Beziehungspartnern oder -partnerinnen,
  2. einer Person, die ein Entgelt hierfür verspricht oder bezahlt,
  3. einer Person über 18 Jahren
    a. der sie zur Erziehung, zur Ausbildung, zur Betreuung oder im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses anvertraut ist,
    b. der in derselben Einrichtung, zu der die Person unter 18 Jahren in einem Rechtsverhältnis steht, andere Personen unter 18 Jahren zur Erziehung, zur Ausbildung, zur Betreuung oder im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses anvertraut sind.

Abs. 5

Das Einverständnis einer Person mit sexuellen Handlungen i.S.d. § 174 ist unwirksam gegenüber

  1. einer Person, die sie im Rahmen einer Unterbringung auf gerichtliche oder behördliche Anordnung oder in einer Einrichtung für kranke und hilfsbedürftige Menschen ausbildet, beaufsichtigt oder betreut,
  2. einer Person, die sie wegen einer geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung, einschließlich einer Suchtkrankheit, oder wegen einer körperlichen Krankheit (auch zu deren Vorsorge) oder Behinderung oder psychotherapeutisch oder seelsorglich berät, behandelt oder betreut,
  3. einem Amtsträger, der zur Mitwirkung an einem sich gegen die Person richtenden Strafverfahren oder an einem Verfahren zur Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung oder einer behördlichen Verwahrung berufen ist.

Abs. 6

In minder schweren Fällen der Abs. 3–5 ist auf Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe zu erkennen.

§ 176 n.F. Sexuelle Misshandlung ohne Körperkontakt

Abs. 1

Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

  1. sexuelle Handlungen vor einer Person unter 14 Jahren vornimmt,
  2. eine Person unter 14 Jahren dazu bestimmt, dass sie sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 174 mit Strafe bedroht ist,
  3. auf eine Person unter 14 Jahren mittels Schriften (§ 11 Abs. 3) oder mittels Informations- und Kommunikationstechnologien einwirkt, um sie zu sexuellen Handlungen zu bringen, die sie an oder vor dem Täter oder der Täterin oder einer dritten Person vornehmen oder von dem Täter oder der Täterin oder einer dritten Person an sich vornehmen lassen soll, oder
  4. auf eine Person unter 14 Jahren durch Vorzeigen pornographischer Abbildungen oder Darstellungen, auch im Wege der Informations- und Kommunikationstechnologie, durch Abspielen von Tonträgern pornographischen Inhalts oder durch entsprechende Reden einwirkt.

Abs. 2

Ebenso wird bestraft, wer eine Person unter 14 Jahren für eine Tat nach §§ 174 oder 176 Abs. 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

Abs. 3

Wer unter den Voraussetzungen des § 175 Abs. 4

  1. sexuelle Handlungen vor der Person unter 18 Jahren vornimmt oder
  2. die Person dazu bestimmt, dass sie sexuelle Handlungen vor dem Täter, der Täterin oder einer dritten Person vornimmt, um sich oder die Person unter 18 Jahren hierdurch sexuell zu erregen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Abs. 4

Wer eine andere Person durch eine exhibitionistische Handlung belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

Das Gericht kann die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe wegen einer Tat gem. Satz 1 auch dann zur Bewährung aussetzen, wenn zu erwarten ist, dass der Täter oder die Täterin erst nach einer längeren Heilbehandlung keine exhibitionistischen Handlungen mehr vornehmen wird.

Dies gilt auch, wenn ein Mann oder eine Frau wegen einer exhibitionistischen Handlung nach einer anderen Vorschrift, die im Höchstmaß Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe androht, oder nach Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 3 bestraft wird.

§ 177 n.F. Schwere Fälle der Sexuellen Misshandlung

Abs. 1

In schweren Fällen wird die sexuelle Misshandlung mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

Ein schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter oder die Täterin bei der Tat

  1. Gewalt oder
  2. Drohung mit einem empfindlichen Übel anwendet oder
  3. ausnutzt, dass das Opfer sich in einer schutzlosen Lage befindet oder
  4. das Opfer durch die Tat besonders erniedrigt, insbesondere, wenn die sexuelle Handlung mit einem Eindringen in den Körper verbunden ist oder
  5. der Täter oder die Täterin einer sexuellen Misshandlung innerhalb der letzten fünf Jahre wegen einer solchen Straftat rechtskräftig verurteilt wurde.

Abs. 2

In besonders schweren Fällen der sexuellen Misshandlung ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren.

Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn entweder unter der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 1–3 oder im Falle eines Opfers unter 14 Jahren

  1. das Opfer durch die Tat besonders erniedrigt wird, insbesondere, wenn die sexuelle Handlung mit einem Eindringen in den Körper verbunden ist (Vergewaltigung), oder
  2. die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

Ebenso wird bestraft, wer eine sexuelle Misshandlung zum Nachteil einer Person unter 14 Jahren begeht und dabei als Täter, Täterin oder andere beteiligte Person in der Absicht handelt, die Tat zum Gegenstand einer pornographischen Schrift (§ 11 Abs. 3) zu machen, die nach § 184 b Abs. 1–3 verbreitet werden soll.

Abs. 3

Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter, die Täterin oder eine andere beteiligte Person

  1. eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
  2. sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,  oder
  3. das Opfer durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung oder, wenn es sich bei dem Opfer um eine Person unter 14 Jahren handelt, in die Gefahr einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung bringt.

Abs. 4

Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter die andere Person körperlich schwer misshandelt oder in die Gefahr des Todes bringt.

Abs. 5

Verursacht der Täter durch eine Tat gem. Abs. 1–3 wenigstens leichtfertig den Tod des Opfers, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

Abs. 6

In minder schweren Fällen der Abs. 2–3 ist auf Strafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
 

Begründung[4]

Die vorgeschlagene Neuregelung stellt, wie es einer modernen gesellschaftlichen Wertevorstellung entspricht, das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung in den Vordergrund und setzt damit um, was bereits 1973 mit der damals neuen Überschrift für den 13. Abschnitt, nämlich "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung", angekündigt wurde. Gleichzeitig wird der Versuch einer klareren Systematisierung und Vereinfachung unternommen. Das fehlende Einverständnis als zentrales strafbegründendes Element macht potentiellen Tätern und Täterinnen deutlich, dass ein anderer Mensch körperlich nicht ohne Weiteres verfügbar ist. Es macht aber auch potentiellen Opfern deutlich, dass klare Willensbekundungen erforderlich sind.

§ 174 n.F. regelt den Grundtatbestand der sexuellen Misshandlung als einen Eingriff in das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Dies kann sowohl durch eine sexuelle Handlung des Täters, der Täterin oder einer dritten Person geschehen, als auch durch eine von Täter, Täterin oder dritter Person verlangte sexuelle Handlung des Opfers.

§ 175 n.F. konkretisiert, wann ein Einverständnis wirksam erteilt werden kann, so dass sexuelle Handlungen mit bestimmten schutzwürdigen Personengruppen nicht in gesonderten Tatbeständen aufgeführt werden müssen.

Abs. 1 definiert das Einverständnis als auf freier Willensbildung beruhend entsprechend Art. 36 der Istanbul-Konvention. Er schließt auch sexuelle Handlungen zum Nachteil eines Teils der widerstandsunfähigen Personen i.S.d. § 179 ein.

Abs. 2–5 stellen klar, unter welchen Voraussetzungen das Einverständnis einer Person unwirksam ist. Abs. 2 regelt das Einverständnis von Personen unter 14 Jahren, Abs. 3 das Einverständnis von Personen unter 16 Jahren, Abs. 4 dasjenige von Schutzbefohlenen und
Abs. 5 dasjenige von Personen in einer Unterbringung, in einem Beratungs- oder Behandlungsverhältnis.

§ 176 n.F. betrifft sexuelle Handlungen ohne Körperkontakt.

§ 177 n.F. schließlich regelt schwere Fälle sexueller Misshandlung, wie z.B. Handlungen, die mit Eindringen verbunden sind oder Gewaltanwendung.


Im Einzelnen

§ 174 Abs. 1 n.F. regelt zum einen ein Handeln gegen den explizit oder konkludent ausgedrückten Willen des Opfers. Hiervon sind Fälle erfasst, in denen das Opfer entweder zum Ausdruck bringt, dass es keine sexuelle Handlung wünscht oder aber die Handlung strafbar ist, weil das Einverständnis gem. § 175 n.F. unwirksam ist. Das mangelnde Einverständnis kann sich daraus ergeben, dass das Opfer explizit "Nein" sagt, den Angreifer bittet aufzuhören oder (im Sinne einer konkludenten Willensbekundung) weint oder sich steif macht, sodass der Angreifer keine besondere Kraft entfalten und Gewalt anwenden muss, um die sexuellen Handlungen durchzuführen. Es kann sich aber auch aus den Gesamtumständen ergeben, also aus dem Vorverhalten von Täter, Täterin oder Opfer.

Das Einverständnis ist in § 175 n.F. näher geregelt.

§ 174 Abs. 1 n. F. betrifft auch solche Fälle, in denen das Opfer eine sexuelle Handlung an Täter, Täterin oder dritter Person ausführt, obwohl es dies nicht will. Die aktive Handlung des Opfers ist grundsätzlich ein Indiz für ein Einverständnis, so dass in der Praxis anhand der Gesamtumstände zu überprüfen sein wird, ob eine freie Willensbildung vorlag. Gewaltanwendung im Vorfeld, Ausübung von Druck oder eine Einschüchterung des Opfers, etwa die Androhung eines Übels wie der Misshandlung von Angehörigen oder des Haustiers oder der Veröffentlichung von Nacktfotos im Internet, führen dazu, dass die aktive Handlung des Opfers nicht auf eine freie Willensbildung und damit ein Einverständnis schließen lässt. Handelte das Opfer nicht aufgrund freier Willensbildung, muss dies allerdings im Rahmen des Vorsatzes für den Täter oder die Täterin erkennbar sein.

Bei der Prüfung des subjektiven Tatbestands (Vorsatz) ist das Gesamtgeschehen zu würdigen. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, des Verhaltens des Opfers und der konkreten Situation ist die Erkennbarkeit des fehlenden Einverständnisses aus der Perspektive eines objektiven Beobachters bei Beachtung der konkreten subjektiven Situation des Täters oder der Täterin zu bewerten. Bei sich aufdrängenden Zweifeln  hinsichtlich des Einverständnisses ist von dem Täter oder der Täterin vor Ansetzen zur Tat eine Vergewisserung zu erwarten, andernfalls ist von einem bedingten Vorsatz auszugehen. Mangels Vorsatzes werden weiterhin solche Handlungen straffrei bleiben, bei denen der Täter oder die Täterin zwar gegen den Willen des Opfers handelte, dieser entgegenstehende Wille aber nicht erkennbar war, sondern es sich um einen geheimen Vorbehalt des Opfers handelte.

§ 175 Abs. 1 n.F. definiert zum einen das Einverständnis als höchstpersönlich vorzunehmende Entscheidung, die nicht durch sonst vertretungsberechtigte Personen vorgenommen werden kann. Es wird zudem durch das Erfordernis des Beruhens auf freier Willensbildung klargestellt, dass ein im Rahmen einer Zwangslage oder aufgrund von Druck oder Einschüchterung seitens des Täters oder der Täterin geäußertes Einverständnis unwirksam ist und den Täter bzw. die Täterin nicht entlasten kann.

Fälle, in denen Druck ausgeübt[5], das Opfer überrumpelt wurde[6] oder in denen eine subjektiv schutzlose Lage bestand[7], unterfallen damit dem Grundtatbestand, ebenso wie die Fälle, in denen zwar keine Gewalt zur Erzwingung der sexuellen Handlungen ausgeübt wird, aber aufgrund des Verhaltens oder von Äußerungen des Opfers dessen entgegenstehender Wille deutlich ist[8], und Fälle, in denen die Beziehung zwischen Täter oder Täterin und Opfer von körperlicher oder psychischer Gewalt geprägt ist, so dass das Opfer sich aus Angst nicht zu wehren wagt[9]. Auch bei nicht eindeutig erkennbarer Willensrichtung des Opfers kann im Einzelfall dem Täter oder der Täterin ein bedingter Vorsatz angelastet werden, wenn keine zumutbaren Versuche zur Klärung der Willenslage unternommen wurden und dies auf ein "billigend in Kauf nehmen" schließen lässt.

Eine dem geltenden § 179 StGB entsprechende Vorschrift ist bei einer Neuregelung im hier vorgeschlagenen Sinne überflüssig und damit eine Sonderregelung, die von Personen mit Beeinträchtigungen oftmals als diskriminierend empfunden wird. Körperlich Widerstandsunfähige, die ein freies Einverständnis bilden und ihren Willen kundtun, aber nicht durchsetzen können, sind durch den Grundtatbestand § 174 n.F. ohne weitere Voraussetzungen geschützt. Infolge der eindeutigen Klarstellung der Bedeutung des Einverständnisses und entsprechend den Ausführungen zum (bedingten) Vorsatz ist der Täter oder die Täterin gehalten, bei beeinträchtigten Personen, die ihren Willen nicht eindeutig äußern können, sich diesbezüglich zu vergewissern. Je nach Art der Beeinträchtigung ist zu prüfen, ob die betreffenden Personen in der konkreten Situation zur freien Willensbildung fähig waren, um eine Anwendung des Grundtatbestands anzunehmen oder auszuschließen. Ein wirksames Einverständnis wird freilich – wie auch bereits jetzt – bei geistigen Beeinträchtigungen nur in Ausnahmefällen anzunehmen sein. Bei Bewusstlosen oder Schlafenden ist eine freie Willensbildung eindeutig auszuschließen.

Überflüssig ist auch eine dem jetzigen § 182 Abs. 1 StGB entsprechende Vorschrift, da bei Bestehen einer Zwangslage ohnehin nicht von einer freien Willensbildung ausgegangen werden kann.

§ 175 Abs. 2 n.F. stellt klar, das Personen unter 14 Jahren, denen die Fähigkeit zur Ausübung der sexuellen Selbstbestimmung fehlt, ein wirksames Einverständnis nicht erteilen können. Sexuelle Handlungen jeder Art an und mit Kindern sind daher nach wie vor strafbar, auch wenn sie nun dem Grundtatbestand des § 174 n.F. unterfallen und § 176 Abs. 1–3 StGB damit komplett entfällt. Der vorliegende Entwurf verzichtet unter Beachtung internationaler Vorgaben bewusst auf die Bezeichnung "Kind" für Personen unter 14 Jahren, um Widersprüche zu international beachteten Bezeichnungen zu vermeiden. Die UN-Kinderrechtskonvention und die gesetzlichen Regelungen der Europäischen Union (EU) verstehen als "Kind" stets eine Person unter 18 Jahren.

§ 175 Abs. 3 n.F. entspricht inhaltlich § 182 Abs. 3 StGB, wobei die in Art. 1 Ziff. 11 des Referentenentwurfs vorgeschlagene Neuregelung dieser Norm einbezogen wurde. Er erkennt an, dass die Willensbildungsfähigkeit in Bezug auf die sexuelle Selbstbestimmung für 14- und 15-Jährige erst im Entstehen und aufgrund der pubertären Entwicklung gegenüber bestimmten Personen noch eingeschränkt ist.

§ 175 Abs. 4 n.F. entspricht inhaltlich § 174 StGB, berücksichtigt dabei die im Referentenentwurf unter Art. 1 Ziff. 8 vorgeschlagenen Erweiterungen, über die er jedoch hinausgeht. Die neue Formulierung hebt die sowohl nach bestehender Rechtslage als auch im Referentenentwurf vorgenommene Altersdifferenzierung mit einem unterschiedlichen Schutz von unter 16- und unter 18-Jährigen in Schutzbefohlenen-Verhältnissen auf. Die mit Erziehungs- und Ausbildungsverhältnissen verbundenen Abhängigkeiten sind oft so subtil, dass auch bei 16- und 17-Jährigen nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine freie Willensbildung in Bezug auf sexuelle Handlungen vorliegt.

Der Kreis, der jetzt in § 174 Abs. 1 benannten Personen, wird in § 175 Abs. 4 Nr. 1 n.F. auf Großeltern, Pflegeeltern und deren jeweilige Beziehungspartner und -partnerinnen erweitert. Die im Referentenentwurf vorgeschlagene Einbeziehung Erwachsener, die mit unter 18-Jährigen in häuslicher Gemeinschaft leben, erscheint allerdings nicht sachgerecht, da dies auch Verhältnisse ohne Macht- und Autoritätsgefälle betreffen würde, in denen beispielsweise 17-Jährige mit jungen Erwachsenen gleichberechtigt zusammen leben, etwa in Wohngemeinschaften.

Mit § 175 Abs. 4 Nr. 2 n.F. ist das Einverständnis von unter 18-jährigen Personen gegenüber Personen gleich welchen Alters unwirksam, die ein Entgelt für die sexuellen Handlungen versprechen. Diese, allerdings geringfügige Erweiterung der Strafbarkeit gegenüber der bestehenden Rechtslage in § 182 Abs. 2, die nur Taten von über 18-Jährigen unter diesen Voraussetzungen unter Strafe stellt, erscheint gerechtfertigt, da die Schutzbedürftigkeit eines minderjährigen Opfers von der in Aussicht gestellten Entlohnung und nicht einem festen Altersunterschied herrührt. Überdies wird damit der Wertungsunterschied zum jetzigen § 180 Abs. 2 beseitigt, der bei gleicher Handlung – aber an Dritten durchgeführt – bereits jetzt die Täterschaft nicht erst für über 18-Jährige vorsieht.

Nicht ausreichend erscheint die im Referentenentwurf vorgesehene Erweiterung im Hinblick auf den von der Rechtsprechung eng gezogenen Begriff von Schutzbefohlenen-Verhältnissen.

Das Merkmal der "Betreuung" in § 175 Abs. 4 Nr. 3 n.F. ermöglicht etliche sanktionswürdige sexuelle Übergriffe in der Jugendarbeit zu erfassen, die nach bestehender Rechtslage ebenso wie nach den Regelungen im Referentenentwurf weiterhin straflos bleiben würden. Der Referentenentwurf ändert nichts daran, dass das Betreuungsverhältnis innerhalb der Jugendarbeit nur im Rahmen von gemeinsamen Freizeiten geschützt ist, wenn also eine Betreuung in der Lebensführung kurzzeitig von den Eltern übertragen wird. Sexuelle Übergriffe in wöchentlichen Gruppenstunden oder in der freien Jugendarbeit sind derzeit und nach den Regelungen des Referentenentwurfs nicht erfasst. In der Regel gehen Eltern aber davon aus, dass auch ihre über 14-jährigen Kinder vor sexuellen Übergriffen Erwachsener geschützt sind, wenn sie sie kurzzeitig in die Obhut eines Trainers einer Sportgruppe oder Leiters einer Jugendgruppe geben oder wenn diese als Messdiener tätig sind. Die mit der Betreuung dieser Jugendlichen befassten Erwachsenen haben oft allein aufgrund ihrer Position und der ihnen von anderen Erwachsenen verliehenen Autorität einen großen Einfluss auf Jugendliche und es besteht keine echte Einwilligungsfreiheit bei Jugendlichen, wenn von Trainern, Gruppenleitern oder sonstigen erwachsenen Betreuungspersonen sexuelle Annäherungen ausgehen. Dem trägt die Regelung des § 175 Abs. 4 Nr. 3 a n.F. Rechnung.

Der Referentenentwurf regelt in § 174 Abs. 2 Verhältnisse zu Personen, die in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche arbeiten, aber keine unmittelbar die Person betreffende pädagogische Funktion besitzen, oder die als Lehrer und Lehrerinnen keine Notengebungsbefugnis für die Jugendlichen besitzen. Diese Erweiterung wird begrüßt, allerdings erscheint es darüber hinaus angezeigt, sämtliche Angestellte von Einrichtungen für Kinder und Jugendliche einzubeziehen, denn gerade auch das nicht-pädagogische Personal verfügt oft über erhebliche Einflussmöglichkeiten auf Jugendliche, so dass auch hier ein die Freiwilligkeit eines Einverständnisses ausschließendes Machtgefälle zu erkennen ist. Als Beispiele sind hier Hausmeister oder Gärtner in einem Kinder- und Jugendheim zu nennen. Um dem gerecht zu werden, andererseits nicht Beziehungen zu kriminalisieren, die lediglich bei Gelegenheit eines solchen Rechtsverhältnisses entstehen, streicht der hier vorgeschlagene § 175 Abs. 4 Nr. 3 b n.F. das derzeit und im Referentenentwurf vorgesehene Merkmal „das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient“ und ermöglicht mit dem Begriff "Betreuung" ohne weitere Qualifikation die Erfassung auch nicht-pädagogischer Subordinationsverhältnisse.

Die Gleichstellung im Grundtatbestand von sexuellen Handlungen zwischen Täter oder Täterin und Opfer mit sexuellen Handlungen zwischen Opfer und Dritten macht den vergleichbaren Unrechtsgehalt deutlich. Sie macht auch die bisher in § 180 Abs. 2 und 3 normierte Sonderregelung sexueller Kontakte zu Dritten für Jugendliche und Schutzbefohlene überflüssig. Der bestehende § 180 Abs. 1, der die Ermöglichung sexueller Handlungen von unter 16-Jährigen unter Strafe stellt, ist antiquiert und stellt insbesondere Wohneinrichtungen für Jugendliche unter besondere Herausforderungen, da stets die Einwilligung der Sorgeberechtigten einzuholen ist, wenn sexuelle Kontakte im Heim geduldet werden sollen. Der vorliegende Diskussionsentwurf verzichtet daher auf eine entsprechende Regelung.

§ 175 Abs. 5 n.F. fasst die Verhältnisse zusammen, in denen die bestehenden §§ 174 a, b und c StGB die Strafbarkeit von sexuellen Handlungen regeln. Zentrales Anliegen ist der Schutz erwachsener Personen, die sich in Abhängigkeitsverhältnissen oder in Situationen befinden, die sie besonders vulnerabel machen. Nr. 1 regelt stationäre, Nr. 2 ambulante und Nr. 3 formale Abhängigkeitsverhältnisse, wobei in Nr. 2 auch die Seelsorge einbezogen wurde, denn diese wird ähnlich wie Therapie von Menschen in solchen Situationen in Anspruch genommen, in denen sie besonders verletzlich sind. Das Ausnutzen einer hilfsbedürftigen Person, die therapeutische oder seelsorgerische Hilfe in Anspruch nimmt, lässt darauf schließen, dass ein Einverständnis der Person nicht auf einer freien Willensbildung beruht.

§ 175 Abs. 6 eröffnet die Möglichkeit der Annahme eines minder schweren Falls bei Taten zum Nachteil von unter 18-Jährigen, was eine sachgerechte am Einzelfall orientierte Strafzumessung ermöglicht.

Sexuelle Misshandlungen ohne Körperkontakt, die nach bestehender Rechtslage in §§ 174, 176 und 183 StGB geregelt sind, fasst § 176 n.F. zusammen. Tathandlungen und Strafrahmen entsprechen weitgehend den derzeitigen §§ 176 Abs. 4 und 183 StGB. Entsprechend dem heutigen Verständnis ist der § 176 Abs. 4 n.F. geschlechtsneutral gefasst. Der § 176 Abs. 4 n.F. verzichtet auf eine Regelung des im bisherigen § 183 a "Erregung öffentlichen Ärgernisses" beschriebenen Straftatbestands, der sich angesichts der heute weit verbreiteten öffentlichen Zurschaustellung sexueller Handlungen und Abbildungen überholt hat.

§ 177 n.F. fasst in fünf Absätzen angelehnt an die derzeit geltende Abstufung schwere und besonders schwere Fälle von sexueller Misshandlung ebenso wie minder schwere Fälle zusammen.

Neu ist die Aufnahme des Abs.1 Nr. 4 in diesen Strafrahmen. Die hier zugrunde liegenden Fallkonstellationen einer Penetration ohne Anwendung von Gewalt, qualifizierte Drohung oder Ausnutzung einer hilflosen Lage sind derzeit nicht strafbar. Der Strafrahmen bei Penetration mit diesen zusätzlichen Tatbestandsmerkmalen ist in Abs. 3 unverändert aus dem geltenden Recht übernommen.

Die Aufnahme des Abs. 1 Nr. 5 trägt dem erhöhten Risiko im Falle von Wiederholungstätern Rechnung, das eine grundsätzliche Strafschärfung rechtfertigt, nicht nur – wie nach bestehender Rechtslage – bei unter 14-jährigen Opfern.

Abs. 6 eröffnet die Möglichkeit eines minder schweren Falls für die schweren und besonders schweren Fälle. Dem Rechtsgedanken des Art. 46 der Istanbul-Konvention folgend ist dabei zu beachten, dass ein minder schwerer Fall nicht mit einer Beziehung zwischen Täter oder Täterin und Opfer begründet werden kann, vielmehr einem solchen Umstand eher strafschärfende Wirkung beigemessen werden sollte. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass der mit Übergriffen in engen Beziehungen einhergehende Vertrauensbruch von den Opfern in der Regel als besonders verletzend erlebt wird.


II.

Wie bereits einleitend ausgeführt, begrüßt der djb grundsätzlich die vorgesehene Regelung zum strafrechtlichen Schutz der Verletzung des Rechts am eigenen Bild, wie sie in § 201 a des Referentenentwurfs auch zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor der Verbreitung ihrer Nacktfotos im Referentenentwurf vorgesehen sind. Allerdings wird der unbestimmte Rechtsbegriff der "bloßstellenden" Bildaufnahmen in der Rechtspraxis verfassungskonform im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG auszulegen sein. Dies könnte zu erneuten Unsicherheiten in der Frage der Abgrenzung strafbaren und nicht strafbaren Handelns in diesem Kontext führen. Dessen ungeachtet ist die Verortung der Strafbarkeit der nicht unter kinderpornografische Aufnahmen zu subsumierenden Sachverhalte in den Persönlichkeitsrechtstatbeständen aus Sicht des djb der dogmatisch richtige Weg.

Ramona Pisal
Präsidentin

Dagmar Freudenberg
Vorsitzende der Kommission Strafrecht

 

[1]Übereinkommen des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (ETS 201 – Lanzarote-Konvention), unterzeichnet von der Bundesrepublik Deutschland am 25.10.2007 (Zugriff: 25.7.2014).

[2]Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt (ETS 210 – Istanbul-Konvention), unterzeichnet von der Bundesrepublik Deutschland am 11.5.2011 (Zugriff: 25.7.2014).

[3] Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates v. 13.12.2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates, ABl. L 335 v. 17.12.2011, S. 1; Abl. L 18 v. 21.1.2012, S. 7 (Zugriff: 25.7.2014).

[4] Im Anhang befindet sich eine neu systematisierte Sammlung von Schutzlücken nach bestehendem Recht: in der Praxis vorgekommene Fallgestaltungen, die entweder zu überhaupt keiner Bestrafung führen oder nur wegen einfacher Nötigung mit einem nicht angemessenen Strafrahmen erfasst werden können. Auf diese durchnummerierten Fälle wird unten Bezug genommen.

[5] S. Anhang: Fälle unter 3.

[6] S. Anhang: Fälle unter 2.

[7] S. Anhang: Fall 1.3.

[8] S. Anhang: Fälle 1.2 u. 1.3.

[9] S. Anhang: Fall 1.1.