Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) hat heute eine Kurzstellungnahme zum Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung veröffentlicht. So sehr der djb darin die Vielzahl gleichstellungspolitischer Vorhaben, die im Vertrag aufgenommen wurden, begrüßt, so deutlich fällt auch die Kritik aus. Teils setzen die Koalitionäre die falschen Akzente, teils fehlen entscheidende Initiativen und Reformen, insbesondere im Bereich Geschlechtergerechtigkeit. „Die neue Regierung muss Gleichstellung als Querschnittsaufgabe ernst nehmen“, erklärt Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb.
Der Koalitionsvertrag adressiert einige wichtige Themen, deren konkrete Umsetzung nun rasch erfolgen muss. „Die angekündigten Reformen etwa im Familienrecht und im Bereich der sozialen Sicherung sind begrüßenswert – und längst überfällig“, so Dr. Lucy Chebout, Vizepräsidentin des djb. Verena Haisch, ebenfalls Vizepräsidentin des djb, betont: „Genderkompetenz ist auch in der Digitalisierung unverzichtbar. Die Schaffung einer Fachabteilung für Gleichstellung im neuen Digitalministerium bietet die einmalige Chance, die Geschlechtergerechtigkeit in allen Bereichen der Digitalisierung mitzudenken.“ Der djb begrüßt außerdem die Weiterförderung des Projekts „Demokratie leben“ und die Sicherung der Arbeit der Antidiskriminierungsstelle.
Zugleich vermisst der djb in wesentlichen Bereichen konkrete Maßnahmen, die für eine echte Gleichstellung erforderlich sind. In der Kurzstellungnahme weist der djb unter anderem auf erhebliche Lücken beim Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt hin. Auch kritisiert der djb die Beibehaltung der strafrechtlichen Regelungen zu Schwangerschaftsabbrüchen. Der djb fordert zudem weiterhin die Abschaffung des Ehegattensplittings und eine grundlegende Reform der sozialen Sicherungssysteme, die Geschlechtergerechtigkeit nachhaltig im Blick hat. In der Migrations- und Asylpolitik mangelt es an einer menschenrechtsorientierten Perspektive, die insbesondere den Schutz von Frauen und geschlechtsspezifisch Verfolgten in den Mittelpunkt stellt.
Der djb weist darauf hin, dass Gleichstellung nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit ist, sondern auch eine fundamentale Voraussetzung für eine demokratische und inklusive Gesellschaft darstellt. In den kommenden Wochen wird der djb eine ausführliche Stellungnahme zum Koalitionsvertrag aus gleichstellungspolitischer Sicht vorlegen.