Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) fordert alle Parteien auf, in der nächsten Legislaturperiode den bestehenden Reformstau im Familienrecht zu beheben. Das muss ein erklärtes Ziel im Koalitionsvertrag werden, damit die rückständigen Regelungen im Unterhaltsrecht, im Kindschaftsrecht und im Abstammungsrecht endlich an die heutige Lebenswirklichkeit angepasst werden.
Das Familienrecht berührt wesentliche Fragen des alltäglichen Lebens. „Für Millionen Menschen sind die Regelungsbereiche des Familienrechts elementar. Wir sollten die Interessen von Betroffenen bei Gesetzgebungsarbeiten nicht hintenanstellen, weil andere Themen mehr mediale Aufmerksamkeit erhalten“, so Ursula Matthiessen-Kreuder, die Präsidentin des djb. Als Grundlage der Gesellschaft verdienen es alle Familien in gleichem Maße, dass ihre Anliegen vom Gesetzgeber ernst genommen werden.
Das vorzeitige Ende der Regierungskoalition hat zwar die im Oktober 2024 veröffentlichten Reformvorhaben im Unterhaltsrecht, im Kindschaftsrecht und im Abstammungsrecht gestoppt. Es besteht jedoch weitreichender fachlicher und gesellschaftlicher Konsens, dass Reformen in allen drei Bereichen längst überfällig sind. Unterhaltsrecht und Kindschaftsrecht bilden die gesellschaftliche Realität nicht mehr ab, weil weder die Zunahme nichtehelicher Elternschaften berücksichtigt noch die Betreuung von Kindern im Wechselmodell geregelt ist. Das Abstammungsrecht hinkt dem europäischen Standard hinterher, weil es Familienmodelle jenseits der „Vater-Mutter-Kind“-Konstellation weitgehend ignoriert. „Die Bundesrepublik muss außerdem die seit 2018 geltende Istanbul-Konvention endlich umsetzen, damit Gewalt gegen Frauen und Kinder in Sorgerechts-, Umgangs- und Kinderschutzverfahren adäquat berücksichtigt wird“, betont Prof Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der Familienrechtskommission des djb.
Die bereits in der großen Koalition in Angriff genommenen und seit zehn Jahren vorangetriebenen Arbeiten dürfen nicht wieder in der Schublade verschwinden.