Pressemitteilung: 23-27


EU muss Frauen auf der Flucht besser schützen

Pressemitteilung vom

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) äußert Bedenken zur geplanten Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS), die am 8./9. Juni 2023 in einem EU-Innenminister*innentreffen verhandelt wird. Werden die geplanten Gesetzesvorhaben wie angekündigt umgesetzt, droht die Gefahr, das menschenrechtliche Fundament der EU im Bereich Asyl und Migrationspolitik zu unterlaufen. Dies schafft eine Gefährdungslage für Frauen, die im Kontext von Asyl und Flucht auf vielfältige Weise betroffen sind.

„Die (Schutz-)Bedarfe von Frauen vor, während und nach dem Asylverfahren müssen von den Mitgliedstaaten der EU dringend beachtet und sichergestellt werden“, sagt die Präsidentin des djb, Prof. Dr. Maria Wersig.

Das Reformvorhaben sieht explizit eine Ausweitung der Verfahren an den europäischen Außengrenzen vor. Das bedeutet, dass Schutzsuchende in Zukunft wochenlang in den Camps an den EU-Außengrenzen festgehalten werden können, was haftähnliche Zustände bedeutet. Neben zahlreichen anderen Menschenrechtsverstößen stellen die Camps an den europäischen Außengrenzen einen Risikofaktor für Frauen dar, Opfer von sexualisierter und häuslicher Gewalt zu werden. Staatliche Schutzmechanismen und Anlaufstellen sind dabei nicht vorhanden. Hinzu kommt eine unzureichende (medizinische) geschlechtsspezifische Versorgung der dort untergebrachten Frauen, wodurch insbesondere bei bereits widerfahrener sexualisierter Gewalt psychische und physische Behandlungen nicht gewährleistet werden. Die von Teilen der Bundesregierung geplante Ausnahme, dass Familien mit Kindern nicht ins Grenzverfahren kommen, ist unzureichend. Die nur in Bezug auf Kinder und Jugendliche angedachte Ausnahme zeigt, dass geschlechtsspezifische Aspekte bei den Reformverhandlungen keine Rolle spielen und somit den menschenrechtlichen sowie EU-rechtlichen Vorgaben nicht Rechnung getragen wird. Dies hatte der djb bereits in seinen Wahlforderungen an die Bundesregierung 2021 angemahnt.

Auch weitere Vorhaben erhöhen die Gefahren für Frauen auf der Flucht. Beispielsweise sollen die Kriterien für sichere Herkunfts- und Transitländer gesenkt werden und sichere Teilgebiete genügen, wodurch eine individuelle Prüfung von Fluchtgründen entfällt. Damit werden Frauen womöglich genau in die Zonen abgeschoben, derer sie entflohen sind. Zusätzlich wird die Abschiebung sogar in Staaten ermöglicht, zu denen die Schutzsuchenden keinerlei Verbindung haben. 

„Deutschland muss seiner Verantwortung nach der Genfer Flüchtlingskonvention und den bestehenden Schutzpflichten als EU-Mitgliedstaat gerecht werden,“ mahnt Prof. Dr. Sina Fontana, Vorsitzende der Kommission für Verfassungsrecht, Öffentliches Recht und Gleichstellung im djb.