Pressemitteilung: 22-14


Abschaffung des § 219a StGB ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung der reproduktiven Selbstbestimmung, weitere Maßnahmen sind erforderlich

Pressemitteilung vom

Morgen findet im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages die Anhörung zur Streichung des sogenannten Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche nach § 219a StGB statt. Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) setzt sich seit Jahren für die Abschaffung des Straftatbestands und die Verbesserung der reproduktiven Selbstbestimmung ein. Der djb wird in der Anhörung durch Inga Schuchmann, Mitglied der Strafrechtskommission des djb, und Dr. Leonie Steinl, LL.M. (Columbia), Vorsitzende der Strafrechtskommission des djb, als Sachverständige vertreten.

Vor wenigen Wochen hat der djb eine Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde gegen die Verurteilung einer Ärztin nach § 219a StGB beim Bundesverfassungsgericht eingereicht und die Verfassungswidrigkeit des Straftatbestands dargelegt. „Sowohl Ärzt*innen als auch ungewollt schwangere Personen werden durch § 219a StGB in ihren Grundrechten verletzt. Die Vorschrift verstößt gegen die Berufs-, die Informations- und die Meinungsfreiheit sowie das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Sie greift als Strafvorschrift zudem in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Ärzt*innen ein, indem sie ein mit der Berufsausübung verbundenes Verhalten mit einem sozialethischen Unwerturteil belegt. Nicht zuletzt verletzt sie die Gleichheitsrechte“, fasst Inga Schuchmann die Stellungnahme zusammen.

Die geplante Abschaffung des § 219a StGB ist ein erster wichtiger Schritt, um die reproduktive Selbstbestimmung von ungewollt schwangeren Personen zu stärken und die fortdauernde Tabuisierung von Schwangerschaftsabbrüchen zu beenden. Die im Gesetzesentwurf vorgesehene Rehabilitierung der auf Grundlage des § 219a StGB verurteilten Personen setzt hierfür ein wichtiges Zeichen. Für das Ziel des Entwurfs, umfassend sachliche Informationen durch Ärzt*innen zu gewährleisten, ist jedoch eine weitere als die bereits geplante Änderung des Heilmittelwerbegesetzes geboten. Der djb fordert insoweit, Schwangerschaftsabbrüche nicht nur aus dem Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 HWG, sondern auch aus dem Anwendungsbereich des § 12 Abs. 1 HWG auszunehmen. Dies dient der Rechtssicherheit für Ärzt*innen und der Sicherstellung des Zugangs zu Informationen.

„Für eine vollständige Gewährleistung reproduktiver Selbstbestimmung und reproduktiver Gesundheit sind weitere Maßnahmen erforderlich. Insbesondere muss der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen verbessert werden. Bestehende Barrieren müssen durch eine verbesserte Informations- und Versorgungslage abgebaut werden“, ergänzt Dr. Leonie Steinl.

[Weitere Informationen: djb-Stellungnahme st22-09 zum Gesetzesentwurf zur Aufhebung des Verbots der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch (§ 219a StGB), 16. Mai 2022]