Pressemitteilung: 20-25


Verschärfung der Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien durch Adoptionshilfegesetz

Pressemitteilung vom

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) kritisiert die Verschärfung der Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien durch das am 28. Mai 2020 im Bundestag beschlossene Adoptionshilfegesetz.

„Drei Jahre nach Öffnung der Ehe für alle, gründen Frauen immer noch in enormer Rechtsunsicherheit Familien. Lesbische Mütter und ihre Familien werden durch die fehlende Möglichkeit originärer rechtlicher Elternschaft massiver Diskriminierung ausgesetzt. Die Überprüfung der Familie durch das Jugendamt im Rahmen der Adoption ist stigmatisierend, die lange Dauer der Verfahren extrem belastend und ganz und gar nicht im Sinne des Kindeswohls. Die nun eingeführte Beratungspflicht im Adoptionshilfegesetz verschärft die Diskriminierung lesbischer Eltern zusätzlich.“, so Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb.

Auch drei Jahre nach der Öffnung der Ehe für Alle hat ein Kind, das in eine bestehende Ehe von zwei Frauen geboren wird, nur einen Elternteil. Während der Ehemann der Gebärenden gemäß § 1592 Nr. 1 BGB mit der Geburt des Kindes automatisch zweiter rechtlicher Elternteil wird, ist die Ehefrau mangels abstammungsrechtlicher Regelung auf die Stiefkindadoption verwiesen, um in die zweite Elternstelle einrücken zu können. Gleiches gilt im Übrigen, wenn der zweite Elternteil personenstandsrechtlich als „divers“ eingetragen ist.

Auch eine Anerkennung gemäß § 1592 Nr. 2 BGB ist nur für einen „Mann“ möglich. Beides kritisiert der djb und fordert ein diskriminierungsfreies Abstammungsrecht. Dies lässt aber auf sich warten. Stattdessen wurde gestern eine Verschärfung der Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien beschlossen und eine verpflichtende Beratung vor der Stiefkindadoption eingeführt. Die Zielsetzung des § 9a AdVermiG erscheint insbesondere im Fall lesbischer Familien völlig überzogen, da eine Adoption ausscheidet, wenn eine Beratung nicht stattgefunden hat. Der djb kritisiert mit Nachdruck, dass Änderungsanträge, die eine Ausnahme vorgesehen haben, wenn das Kind in eine bestehende Ehe geboren wird, in der gestrigen Abstimmung im Bundestag abgelehnt wurden.

Mittlerweile erfolgen 23 Prozent der Stiefkindadoptionen durch lesbische Paare, obwohl es sich nicht um Stief- sondern um Ursprungsfamilien handelt. Der aufgezeigte Weg wird nun noch zusätzlich erschwert: Denn § 9a AdVermiG zwingt gleichsam on top noch in eine Beratung.

Bei der Stiefkindadoption müssen grundsätzlich alle Verfahrensschritte einer Fremdkindadoption durchlaufen werden. So werden beide Mütter amtlich auf ihre Elterneignung geprüft, müssen ihre Vermögensverhältnisse und ihren Gesundheits­zustand offenlegen. Die lange Dauer der Verfahren birgt zudem große Unsicherheiten für die Familie und widerspricht dem Kindeswohl: Wenn gar die Geburtsmutter stirbt, bleiben die zweite Mutter und das Kind rechtlich im schlimmsten Fall ungesichert zurück. Aber auch wenn sich die zweite Mutter plötzlich gegen eine Adoption des Kindes entscheidet, sind Erbansprüche des Kindes gegen sie und auch Unterhaltsansprüche ungewiss.

Brigitte Meyer-Wehage, Vorsitzende der familienrechtlichen Kommission im djb, mahnt: „Das Problem ist seit nunmehr drei Jahren bekannt, es liegen gleich mehrere Gesetzesentwürfe und ein Diskussionsteilentwurf aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vor. Es ist an der Zeit, zu handeln, auch und vor allem zum Wohl der betroffenen Kinder.“