Pressemitteilung: 19-41


Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen: Istanbul-Konvention in Deutschland vollständig umsetzen

Pressemitteilung vom

 #istanbuldurchsetzen

Aus Anlass des Internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November mahnt der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) die vollständige Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) in Deutschland an. In sieben ab heute erscheinenden Themenpapieren erläutert der djb exemplarisch Umsetzungsdefizite und Handlungsbedarfe in folgenden Bereichen: Femizide und Trennungstötungen, Frauenschutzhäuser und deren Finanzierung, Verbot von Zwangssterilisationen, Strafverfolgung von sexualisierter Gewalt sowie Strafzumessung und Unterstützung der Betroffenen.

"Freiheit von Gewalt ist die Voraussetzung für die Ausübung aller Menschen- und Bürgerinnenrechte", so Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb. "Bund und Länder müssen entschlossen handeln, um die Vorgaben der Istanbul-Konvention zeitnah umzusetzen!"

Die Istanbul-Konvention gilt seit dem 1. Februar 2018. Sie verpflichtet Deutschland, umfassende Maßnahmen zur Verhütung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt jedweder Art, zu Unterstützung und Schutz der Betroffenen sowie zur Bestrafung der Täter*innen zu ergreifen. Mit der Ratifikation hat die Bundesrepublik ausdrücklich anerkannt, dass Gewalt gegen Frauen Ausdruck historisch gewachsener ungleicher Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern ist, durch die Frauen beherrscht und diskriminiert und an einem selbstbestimmten und gleichberechtigten Leben gehindert werden. Trotz der bereits existierenden Regelungen und Maßnahmen gegen geschlechtsspezifische Gewalt (Sexualstrafrechtsreform, Gewaltschutzgesetz) besteht in Deutschland noch erheblicher Handlungsbedarf zur vollständigen Umsetzung der Vorgaben der Istanbul-Konvention. Die Konvention verlangt, Recht und Praxis des Schutzes von Frauen vor geschlechtsspezifischer Gewalt und vor häuslicher Gewalt in Deutschland systematisch auf den Prüfstand zu stellen. 

Gewalt gegen Frauen ist ein weltweites Problem. Jede vierte Frau in Deutschland hat im Laufe ihres Lebens mindestens einmal körperliche und/oder sexuelle Übergriffe durch einen Beziehungspartner erlebt. Durchschnittlich jeden Tag wird eine Frau in Deutschland von ihrem (Ex-)Partner lebensgefährlich attackiert; jede Woche sterben dabei drei Frauen. Die Unterstützungsstruktur für gewaltbetroffene Frauen durch Schutzhäuser und Fachberatungsstellen ist nicht flächendeckend und allgemein zugänglich ausgestaltet und nicht angemessen finanziert. Es fehlt an einem angemessenen Rechtsschutz. Insbesondere in Strafverfahren wegen sexualisierter Gewalt werden weiterhin häufig Opferrechte gegen die Unschuldsvermutung ausgespielt, Vergewaltigungsmythen nicht reflektiert und den Betroffenen die ihnen zustehende Unterstützung vorenthalten.

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Der 25. November ist der Internationale Gedenk- und Aktionstag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Im Jahr 1960 wurden die Schwestern Mirabal, Mitglieder der „Movimiento Revolucionario 14 de Junio“, in der Dominikanischen Republik durch Militärangehörige des damaligen Diktators Rafael Trujillo verschleppt und schließlich ermordet. Mehr als zwanzig Jahre später erklärten lateinamerikanische und karibische Feministinnen den 25. November zum Gedenktag für alle Opfer von Gewalt gegen Frauen (Dia Internacional de la No Violencia Contra la Mujer). 1999 schlossen sich die Vereinten Nationen in ihrer Resolution 54/134 diesem Aufruf an.

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Die djb-Themenpapiere werden ab dem 25. November 2019 auf der Webseite des djb veröffentlicht (Link: https://www.djb.de/themen/thema/ik/). Das erste Papier befasst sich mit Femiziden in Deutschland: Strafverfolgung und angemessene Bestrafung von sogenannten Trennungstötungen.