Pressemitteilung: 17-16


Steigender Frauenanteil in der Justiz – Ruf nach der „Männerquote“?

Pressemitteilung vom

Seit einigen Jahren werden vermehrt Frauen in der Justiz eingestellt. In manchen Ländern liegt der Frauenanteil in den Eingangsämtern sogar bei mehr als 50 Prozent. Die hohe Einstellungsquote bei Frauen ist allein Ergebnis der Anwendung des Leistungsprinzips und der Bestenauslese. Männer mit vergleichbar hervorragenden Examensnoten streben eher in Anwaltschaft oder Industrie. Dort liegen bereits die Einstiegsgehälter erheblich höher und erreichen schon nach einigen Berufsjahren nicht selten das Vielfache eines Richtergehalts.

Der Fernsehjournalist Joachim Wagner meint, diese Entwicklung – zu einem höheren Frauenanteil bei Richter- und Staatsanwaltschaft – habe negative Auswirkungen. In einem Interview im Kundenmagazin eines Fachverlags äußert er sich kritisch zur Einstellung von Richterinnen und Staatsanwältinnen: „Durch Schwangerschaften, Elternzeit und hohe Teilzeitquoten verlängert sich die Dauer der Verfahren, verschärfen sich Organisationsprobleme und verschlechtert sich die Erreichbarkeit von Richterinnen für Bürger und Rechtsanwälte.“ Keine dieser Behauptungen ist mit Fakten unterlegt. Gäbe es diese Entwicklungen, wären sie im Übrigen nicht den Richterinnen und Staatsanwältinnen, sondern den für die angemessene Personalausstattung zuständigen Ministerien der Länder und im Bund anzulasten.

Schwangerschaften und Elternzeiten – letztere nehmen erfreulicherweise auch Richter und Staatsanwälte vermehrt in Anspruch – sind gesetzlich geregelte Ausfallzeiten, für die der Arbeitgeber mit auskömmlicher Personalausstattung Vorsorge treffen kann und muss: das ist im öffentlichen Dienst nicht anders als in der Privatwirtschaft. Teilzeitkräfte sind oft besonders effizient, hervorragend organisiert und arbeiten häufig deutlich mehr, als es ihrem Arbeitsanteil entspricht. Wo also ist das eigentliche Problem? Wagner meint, durch den wachsenden Frauenanteil verliere der Richterberuf an Ansehen in der Gesellschaft und an Attraktivität für Männer. Allein, weil Frauen den Beruf ausüben? Hier dürfte Wagner Gesellschaft und Männer unterschätzen. Und was wäre die Lösung? Sollen Frauen bei der Einstellung durch eine „Männerquote“ diskriminiert werden, um schlechter qualifizierten Männern Platz zu machen? Das hatte 1986 schon einmal Rudolf Wassermann, damals Präsident des Oberlandesgerichts Braunschweig, gefordert. Es ist zu begrüßen, dass viele Länder die früher durchaus übliche Diskriminierung von Frauen durch Einstellung schlechter qualifizierter Männer inzwischen aufgegeben haben.

„Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) wird sehr genau beobachten, ob die Länder die Qualitätsanforderungen für Richter und Richterinnen senken, um mehr Männer einstellen zu können“, erklärte djb-Präsidentin Ramona Pisal. „Die Qualität der Justiz in Deutschland und ihr Ansehen hängen von der Qualifikation der in ihr Tätigen und nicht vom Geschlecht ab.“