Pressemitteilung: 16-12


Bündnis „Nein heißt Nein“ fordert Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht

Pressemitteilung vom

Am kommenden Donnerstag, 28. April 2016, beginnt im Bundestag die Debatte um eine Neufassung des Sexualstrafrechts, d.h. der §§ 177 und 179 StGB. Ein Bündnis aus Frauen- und Menschenrechtsorganisationen, gegründet auf Initiative des Deutschen Frauenrats, sowie zahlreiche Unterstützer_innen wenden sich aus diesem Anlass in einem Offenen Brief an Bundeskanzlerin Merkel und die Bundestagsabgeordneten. Darin fordern sie eine grundlegende Überarbeitung des vorliegenden Regierungsentwurfs.

Die zentralen Argumente: Der Gesetzentwurf schließt zwar einige Schutzlücken, doch das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung wird weiterhin nicht per se anerkannt. So bleiben Übergriffe straffrei, wenn eine Person ihr klares „Nein“ bekundet, sich der Täter jedoch darüber ohne weiteres hinwegsetzt. Maßgeblich für die Be- und Verurteilung bleibt also das Verhalten der geschädigten Person und nicht des Täters.

Damit bleibt der Entwurf der Prämisse verhaftet, dass grundsätzlich das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung durch die Trägerin oder den Träger des Rechtsguts selbst - aktiv - geschützt werden muss. Er geht weiterhin davon aus, dass Geschädigte sich im „Normalfall“ zur Wehr setzen und Täter im „Normalfall“ davon ausgehen dürfen, dass bei fehlendem Widerstand ein Einverständnis des Gegenübers mit sexuellen Handlungen vorliegt. Nach wie vor wird also gerade nicht jede nicht-einverständliche sexuelle Handlung unter Strafe gestellt, wie in dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) vereinbart, das Deutschland unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert hat.

Der djb fordert seit Jahren mit ausführlichen Stellungnahmen und Regelungsvorschlägen einen Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht hin zum lückenlosen Schutz der sexuellen Selbstbestimmung, d.h. die zeitgemäße und menschenrechtskonforme Weiterentwicklung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung und somit die Beseitigung aller Schutzlücken – nicht nur einiger weniger, wie es der gegenwärtige Gesetzentwurf vorsieht. Ramona Pisal, djb-Präsidentin: „ Nein heißt nein – diesen gesellschaftlichen Konsens muss unser Strafrecht abbilden. Die Zeit ist reif für eine umfassende Neukonzeption des gesamten 13. Abschnittes des StGB. Mit weniger wollen wir uns nicht länger zufriedengeben.“

Weitere Informationen:

Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung (Stand 16. März 2016)