Pressemitteilung: 10-04


zur Unterhaltsrechtsreform

Pressemitteilung vom

Die Unterhaltsrechtsreform, die zum 1. Januar 2008 in Kraft trat, benachteiligt alle Frauen, die bei Eheschließung und anschließender Aufgabe ihrer Erwerbstätigkeit aufgrund der damaligen Rechtslage von einer Versorgung durch den anderen Ehegatten ausgehen konnten.

Die Ehen von langer Dauer sind – jedenfalls in den alten Bundesländern – traditionell vor dem Hintergrund geschlossen und gelebt worden, dass die Ehefrau nach der Geburt des ersten Kindes die Betreuung und Versorgung der Kinder übernimmt und wenn überhaupt, dann nur geringfügig einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Vor der Gesetzesreform vom 1. Januar 2008 war die Rechtslage bei Trennung und Scheidung überschaubar. Bis zum vollendeten 8. Lebensjahr des jüngsten Kindes war eine Erwerbstätigkeit nicht nötig, bis zum 15. oder 16. Geburtstag des jüngsten Kindes musste die Mutter in Teilzeit arbeiten und erst ab dem vollendeten 16. Lebensjahr des Kindes musste eine Vollzeittätigkeit angenommen werden. War die Ehe von langer Dauer und die Wiedereingliederung ins Erwerbsleben nicht möglich, konnte mit einem darüber hinausgehenden Unterhaltsanspruch gerechnet werden.

1. Ehen von langer Dauer und Ehen mit ehebedingten Nachteilen ist Vertrauensschutz zu gewähren.

Die Übergangsvorschrift des § 36 EGZPO schützt diese Ehen nur unzureichend. Ehen, die zwar unter der Geltung des alten Rechts geschlossen wurden, aber erst nach dem 1. Januar 2008 geschieden werden, werden von der Vorschrift überhaupt nicht erfasst. Unterhaltstitel aus Altscheidungen können auch abgeändert werden, wenn es der bzw. dem Unterhaltsberechtigten zumutbar ist, wobei hier ein großer Spielraum gelassen wird. Freiwillige Zahlungen ohne Titel sind auch bei Altscheidungen nicht erfasst und damit nicht geschützt.

2. Der Beweis dafür, dass ehebedingte Nachteile vorliegen, kann nicht der bzw. dem Unterhaltsberechtigten aufgebürdet werden.

Im Unterhaltsverfahren muss die bzw. der Unterhaltsberechtigte vortragen und gegebenenfalls unter Beweis stellen, dass sie oder er ehebedingte Nachteile erlitten hat. Hier wird mit alternativen Lebensläufen gearbeitet. Es wird fast ausschließlich aus Mutmaßungen und Wahrscheinlichkeiten ein alternativer Lebenslauf ohne Heirat und ohne Kinder erschaffen. Das Gericht entscheidet danach, welcher Lebenslauf am wahrscheinlichsten gewesen wäre. Karrieresprünge und Berufswechsel werden vor diesem Hintergrund nicht betrachtet. Die bzw. der Unterhaltsberechtigte muss Beweis für nicht gelebtes Leben antreten.

3. Bei einer Ehe von langer Dauer muss vermutet werden, dass ehebedingte Nachteile vorliegen.

4. Bei einer Ehe von langer Dauer kann eine Begrenzung und/oder Herabsetzung nur stattfinden, sofern dies nicht grob unbillig ist.

5. Sowohl Ehen von langer Dauer wie auch Ehen mit ehebedingten Nachteilen müssen im 2. Rang des § 1609 BGB stehen.

6. Eheliche Lebensverhältnisse sind nicht die Verhältnisse, die sich aus einer zweiten oder jeder weiteren Ehe ergeben.

Die ehelichen Lebensverhältnisse werden durch die Wiederverheiratung nicht zuungunsten der vorherigen Ehe bestimmt und beeinträchtigt. Durch die Bevorzugung der Zweitehe wird in allen Fällen, in welchen das Einkommen zur Versorgung von allen Ehegatten nicht ausreicht, die erste Ehefrau benachteiligt. Wenn es dieser nicht gelingt, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, die ihr langfristig den Lebensunterhalt sichert, ist sie im Alter auf Sozialhilfe angewiesen.

7. Bei der Forderung, dass alleinerziehende Elternteile vollerwerbstätig sein müssen, ist völlig ausser Acht gelassen, dass selbst bei besten Kinderbetreuungsmöglich­keiten dem betreuenden Elternteil zusätzlich zu seiner Vollerwerbstätigkeit noch die Last des Haushaltes aufgebürdet wird.

Die Defizite der Kinderbetreuung in Deutschland sind bekannt. Hier soll aber darauf hingewiesen werden, dass die Kinderbetreuung mit dem 12. Lebensjahr der Kinder endet, es sei denn, eine Ganztagsschule wird besucht. Ab diesem Zeitpunkt sind die Kinder nachmittags unbetreut den Gefahren der Medien und insbesondere den Gefahren des Internets ausgesetzt. Jungen mehr noch als Mädchen.

Im Rahmen von Schadensersatzansprüchen ist allgemein anerkannt, dass Haushaltsführung  Zeit in Anspruch nimmt. So verbringt der erwerbstätige Mann, der alleine wohnt, 17,7 Stunden pro Woche mit Haushaltführung, während die alleinerziehende Mutter mit 2 Kindern, einem unter 6 Jahren, demgegenüber 37,4 Stunden pro Woche Haushaltspflichten hat, fast 20 Wochenstunden mehr.