Pressemitteilung: 01-03


Offener Brief an die Senatorinnen Sager und Peschel-Gutzeit in Sachen Täter-Opfer-Ausgleich bei häuslicher Gewalt

Pressemitteilung vom

Mit einem Offenen Brief hat sich die Vorsitzende der Strafrechtskommission des Deutschen Juristinnenbundes, Prof. Dr. Dagmar Oberlies, an die Hamburger Senatorinnen
Sager und Peschel-Gutzeit gewandt, um ihre Bedenken gegen die Einrichtung einer Täter-Opfer-Ausgleich-Stelle bei Gewalttaten in Paar­beziehungen vorzubringen.

 

Zwar äußert Frau Prof. Oberlies Verständnis dafür, dass die beteiligten Politikerinnen „jede Möglichkeit ergreifen wollen, um neue, andere Wege bei der Bekämpfung dieser Form von Gewalt zu gehen.“  Allerdings bleibe „die etwas bittere Erkenntnis, dass hier doch wieder ein Sonderrecht für gewalttätige Männer geschaffen wird.“

 

Sie sieht in dem Modellprojekt ein „in mehrfacher Hinsicht falsches Signal“:

  1. Das falsche Signal an die Täter (und die Opfer), es handle sich bei häuslicher Gewalt nicht um strafbares Unrecht, sondern um eine Verfehlung, die im Wege partner­schaftlicher Übereinkünfte aus dem Weg geräumt werden kann.
  2. Das falsche Signal an die Polizei und die Staatsanwaltschaft, es sei vor allem mit vermittelnden Gesprächen auf partnerschaftliche Gewalt zu reagieren.
  3. Das falsche Signal an die Beteiligten und die Öffentlichkeit, es sei Gegenstand freiwilliger Vereinbarungen – und nicht etwa rechtliche Pflicht – dass Wiedergutmachung für entstandene Schäden zu leisten sei.
  4. Das fachlich fragwürdige Signal, dass mediative, schlichtende Elemente so ohne weiteres auf gewalttätige Beziehungen angewandt werden können.

 

Prof. Oberlies merkt ferner kritisch an, dass die Gutachter, die die Einführung dieser Form des Täter-Opfer-Ausgleichs empfohlen hätten, nun auch mit der wissen­schaftlichen Begleituntersuchung  betraut worden seien.
 

„Würden Sie es dagegen ernst meinen mit Ihrer Ankündigung, >der Gewalt in Paar­beziehungen beikommen zu wollen<“, schreibt Frau Prof. Oberlies, die selbst ausgebildete Mediatorin ist, weiter, „dann hätten Sie zwingend für eine unabhängige wissen­schaftliche Begleitung sorgen müssen, die transparente ‚Erfolgskriterien‘ festlegt und über­prüft – und zwar nicht nur Kriterien, die sich auf das Ausgleichsverfahren beziehen, sondern auch die (ggfls. gewalttätige) Entwicklung der Paarbeziehung einbeziehen.“

 

 

Bonn, den 14. März 2001

 

Der ausführliche Brief ist im Internet bei www.djb.de unter Publikationen / Pressemitteilungen / Info  veröffentlicht und kann auch bei der Geschäftsstelle des Deutschen Juristinnenbundes angefordert werden.

Ansprechpartnerin:    Prof. Dr. Dagmar Oberlies,

Tel: 069/522603, email: oberlies@fbs.fh-frankfurt.de