Folge 11 (März 2021): Femizide
++ Triggerwarnung: diese Folge thematisiert geschlechtsbezogene Gewalt ++
In der 11. Folge „Justitias Töchter – Der Podcast zu feministischer Rechtspolitik“ geht es um die drastischste Artikulation von Gewalt gegen Frauen: Femizide. Tötungen von Frauen, weil sie Frauen sind, wird noch nicht ausreichend begegnet. Besonders häufiger Fall von Femiziden sind sog. Trennungstötungen. Diese werden in Medien und im juristischen Diskurs häufig noch verharmlost. Dabei treten hier patriarchale Strukturen in tödlicher Gestalt zutage.
Die Juristinnen und Podcast-Hosts Selma Gather und Dr. Dana-Sophia Valentiner sprechen mit Dr. Leonie Steinl, LL.M., Vorsitzende der Kommission Strafrecht des Deutschen Juristinnenbundes e.V. (djb) über Defizite bei der Rechtsanwendung und die dringend nötige Stärkung der Prävention zur Verhinderung von z.B. Trennungstötungen. Neben bagatellisierender Berichterstattung durch die Medien geht es auch um die Rolle der Rechtsprechung insbesondere bei der Auslegung des Mordmerkmals „niedrige Beweggründe“. Aber auch Lösungsmöglichkeiten auf Gesetzgebungsseite werden thematisiert: Braucht es einen eigenen Straftatbestand „Femizid“? Ist die Istanbul-Konvention gegen Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt hinreichend umgesetzt? Wie kann gesamtgesellschaftlich für patriarchale Gewalt sensibilisiert werden? Zu letztgenanntem mag diese Folge einen Beitrag leisten: Wie immer werden die komplexen rechtlichen Aspekte auch für Nichtjurist*innen verständlich aufbereitet.
In den feministischen Fundstücken werden zwei Texte der ersten (und bisher einzigen) Bundesverfassungsgerichtspräsidentin Prof. Dr. Jutta Limbach vorgestellt, in denen sie fragte: „Wie männlich ist die Rechtswissenschaft?“. Daneben wird eine echte Klassikerin empfohlen: „Die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“ von Olympe de Gouges, welche übersetzt und eingebettet in eine historische Darstellung 2018 von Gisela Bock herausgegeben wurde. Ein Porträt der Autor*in Hengameh Yaghoobifarah von Mareike Nieberding im SZ Magazin 4/21 lädt außerdem dazu ein, kritisch über die aktuelle Diskussion um Identitätspolitik zu sprechen.
Shownotes:
Stellungnahmen und Pressemitteilungen des djb:
Themenpapier 19-24: Istanbul-Konvention: Umsetzungsdefizite bei Femiziden vom 25.11.2019
Stellungnahme 21-04: zum Antrag „Femizide in Deutschland untersuchen, benennen und verhindern“ BT-Drs. 19/23999 vom 25.2.2021
Pressemitteilung 20-41: Istanbul-Konvention konsequent umsetzen vom 01.09.2020
Arbeiten des djb zur Istanbul-Konvention
Pressemitteilung 21-05: zum 110. Internationalen Frauentag: Aufstehen gegen Frauenhass und Femizide!
Weitere Links zu Hintergrundinformationen:
Anhörung des Bundestagsausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: "Femizide in Deutschland untersuchen, benennen und verhindern"
Ulrike Lembke, "Nennt sie Femizide!", ZEIT vom 26. Februar 2021
Interview mit Leonie Steinl, „Trennungstötungen werden oft nicht als Mord eingestuft“, vom 17. Oktober 2019
Martina Schories/Benedict Witzenberger, "Warum so wenig über Femizide bekannt ist", vom 12. März 2020
Lena Foljanty/Ulrike Lembke, "Die Konstruktion des Anderen in der 'Ehrenmord'-Rechtsprechung", Kritische Justiz 2014, S. 298–315
Bündnis Istanbul-Konvention, "Alternativbericht zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt"
Feministische Fundstücke:
Karin Hausen/Hela Nowotny, "Wie männlich ist die Wissenschaft?", Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, 1986
Mechthild Koreuber/Ute Mager (Hrsg.), "Recht und Geschlecht. Zwischen Gleichberechtigung, Gleichstellung und Differenz", Nomos, 2015
Olympe de Gouges, Gisela Bock (Hrsg.), "Die Rechte der Frau /Déclaration des droits de la femme", dtv Bibliothek, Deutsche Erstausgabe 2018
Mareike Nieberding, "Reizfigur", SZ Magazin 4/2021