Stellungnahme: 12-12


zum Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Justiz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des

Stellungnahme vom

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) bedankt sich für die Übersendung des Gesetzentwurfs des Bundesministeriums der Justiz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates und für die freundliche Fristverlängerung zur Stellungnahme. Wir nehmen wie folgt Stellung und konzentrieren uns hier auf einen in unseren Augen wesentlichen Aspekt. Im Übrigen verweisen wir auf die dezidierte Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte zu diesem Gesetzentwurf[1], der wir uns inhaltlich in vollem Umfang anschließen.

Leider konzentriert sich der Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung allein auf die Umsetzung des strafrechtlichen Teils der Richtlinie 2011/36/EU. Hingegen bleiben die gleichberechtigt vorgesehenen Vorgaben zur Unterstützung und Betreuung von Opfern des Menschenhandels (Art. 11), Schutz der Opfer von Menschenhandel bei Strafermittlungen und Strafverfahren (Art. 12), allgemeine Bestimmungen über Unterstützungs-, Betreuungs- und Schutzmaßnahmen für Kinder, die Opfer von Menschenhandel sind (Art. 13), Unterstützung von Kindern, die Opfer sind (Art. 14), Schutz von Kindern, die Opfer von Menschenhandel sind, bei Strafermittlungen und Strafverfahren (Art. 15), Unterstützung, Betreuung und Schutz von unbegleiteten Kindern, die Opfer von Menschenhandel sind (Art. 16), Entschädigung der Opfer (Art. 17), Regelungen zur Prävention (Art. 18), Einsatz nationaler Berichterstatter oder gleichwertiger Mechanismen (Art. 19) sowie Maßnahmen zur Koordination der Strategie der Union zur Bekämpfung des Menschenhandels (Art. 20) unerwähnt.

Eine effektive und ernst gemeinte Bekämpfung des Menschenhandels und der in diesem Zusammenhang begangenen schweren Straftaten kann nur Hand in Hand mit gezielten und nachhaltigen Maßnahmen zum Schutz der Opfer sowie zu deren Unterstützung und Beistand erreicht werden, wobei Kinder und unbegleitete Kinder und Minderjährige als ganz besonders schutzbedürftig anzusehen sind.

Davon geht auch die Richtlinie 2011/36/EU aus, was sich nicht nur aus den oben angeführten Artikeln des Richtlinientextes, sondern auch den diesem vorangestellten Erwägungsgründen ergibt, die sich ausführlich mit der Situation der Opfer, Fragen der Prävention und Verhütung von Menschenhandel, der besonderen Schutzwürdigkeit von Kindern und unbegleiteten Minderjährigen, den spezifisch erforderlichen Schutzmaßnahmen und Betreuungsangeboten, dem Zugang zur Rechtsberatung sowie dem Einsatz nationaler Berichterstatter befassen. Beispielhaft sei hier auf die Erwägungsgründe Nr. 5–8, 12, 14, 17–25 und 27 verwiesen. Dabei geht die Richtlinie 2011/36/EU zwar nicht auf den Aufenthalt der Opfer von Menschenhandel im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein (siehe Erwägungsgrund 17 am Ende). Dieser elementare Aspekt effektiven Beistandes und effektiver Opferhilfe ist bereits Gegenstand der Richtlinie 2004/81/EG des Rates vom 29. April 2004 über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige, die Opfer von Menschenhandel sind oder denen Beihilfe zur illegalen Einwanderung geleistet wurde und die mit den zuständigen Behörden kooperieren, auf die sich die Richtlinie 2011/36/EU in ihrem Erwägungsgrund 17 ebenfalls bezieht.

Die Richtlinie 2011/36/EU sieht ein integriertes, ganzheitliches und menschenrechtsbasiertes Vorgehen bei der Bekämpfung des Menschenhandels vor und will auf europäischer Ebene die Einhaltung bestimmter Schutzstandards für die Opfer von Menschenhandel gewährleisten.

Diesen Anforderungen des Richtliniengebers wird der Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Justiz nach Auffassung des djb nicht gerecht. Eine Stellungnahme zu den einzelnen Vorschriften erscheint daher derzeit nicht angebracht, da der Entwurf generell überarbeitet werden müsste.

 

Ramona Pisal                                           
Präsidentin          

Dr. Katja Rodi
Vorsitzende der Kommission Öffentliches Recht,
Europa- und Völkerrecht

 


[1] <http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/uploads/tx_commerce/stellungnahme_umsetzung_eu_ menschenhandelsrichtlinie_11_2012.pdf> (Zugriff: 30.11.2012).